Jahr: 2023

Dinner with a View

Mit Ingolf Grabow, dem Schutzpatron der Frankfurter Wanderfalken und Mauersegler auf dem Henningerturm. Und – Fraßspuren gefunden! Erstmals seit der Sanierung. Bin gespannt, ob unser Sachsenhäuser Falkenpaar den von Ingolf montierten Brutkasten nächstes Jahr nutzt.

Was siehst du?

Nah, ganz nah oder weit weg – sie haben dich längst wahrgenommen. Hasen und Hirsche haben Gejagtenaugen mit Rundumblick, müssen nicht mal blinzeln beim Gucken, denn sie haben wie Gänse, Katzen und Milane ein drittes, durchsichtiges Lid. Die “Nickhaut” für Schutz und Befeuchtung. Die Jäger der Luft besitzen Fernglasaugen, tausendmal mehr Farbsehzellen, eingebauten Sonnenschutz und eine irre neuronale Verarbeitungsgeschwindigkeit von Nah- und Fernreizen. Turmfalken können ultraviolettes Licht sehen – und weil Mäusepinkel in diesem Farbspektrum leuchtet, suchen sie nur da wo es leuchtet, nicht am andern Ende der Wiese… Aber was sehen sie? Ich weiß nicht mal was Pat sieht, wenn ich neben ihm steh. Tagesform, Erfahrung, Gelerntes und Emotionen machen das Bild in meinem Kopf. Wir lernen Sehen in einem kleinen Zeitfenster unserer Entwicklung. Von Katzen etwa weiß man, dass sie blind bleiben, wenn sie zwischen der entscheidenden Phase zwischen der 4. Lebenswoche und dem 4. Lebensmonat keine Gelegenheit haben, Formen zu sehen. Was ich sehe, ist meine Realität. Wie die Worte meinen Horizont einrahmen, so kleidet meine visuelle Wahrnehmung ihn aus. Hasen nehmen …

Kein Blatt vor den Krieg:
Yevgeniy Breyger und Elisabeth Raffauf

Er liest den Deutschen die Leviten. Sie hilft, die Hand halten. Rein äußerlich haben die beiden Bücher auf meinem Schreibtisch nichts gemein: Das großformatige Kinderbuch „Wann ist endlich Frieden?“ von Elisabeth Raffauf, mit zurückgenommenen Farben schön illustriert von Günther Jakobs – und der Lyrikband, „Frieden ohne Krieg“ von Yevgeniy Breyger, bisschen größer als A5, Hardcover mit Leinenoptik, der Vorsatz neonorange. Dasselbe Thema. Krieg, weltweit und hier, nicht so weit, 1000 km von meinem Schreibtisch, in der Ukraine. Geboren ist der Lyriker in Charkiw – 21 Tage nach unserem Sohn – und ist derzeit in Frankfurt zuhause. Lese ich „Charkiw“ höre ich die Stimme der Reporterin, die von den Menschen unterm Krieg berichtet. Er startet mit seiner Stadt, sie ist oder war viel größer als Frankfurt. Und gleich diese Grausamkeit, dieser Hass auf die Frauen, dieses Kriegsbenzin, das auch in den Bildern und Gräueln aus Israel so entsetzt. Tagesgedichte. Rückblick und voraus, Handkamera, schnell zu lesen, wie live. Stadt- und Landgedichte, Krieg im Jetzt-Gedichte. Dicht, hart, deutlich. Lustig manchmal auch und zart. Nageln einen fest: Was …

Kuhler Mönchbruch

Letztes Jahr fuhr ich zum zweiten Mal raus, Hirschbrunft gucken. Wieder die falsche Stelle, trotzdem wunderbar. Einen Damhirsch immerhin sah ich. Aufgeregt hin- und herrennend, eher rülpsend als röhrend, ich warf mich platt auf den Bauch, ihn nicht zu stören. An Fotos war aus dem Grasdickicht heraus natürlich nicht zu denken. Diesmal hatte ich Brunftguides und saß wo wirklich der Punk abging. Letzten Monat im Taunus bei den Rothirschen. Brüllten sich die Seele aus dem Leib, die aufgereget rumhopsenden Mädels, auf jägerdeutsch Kahlwild, um sich geschart. An Fotos war aufgrund der Dunkelheit nicht zu denken. Aber, hey allein das Röhrenhören war schon der Hit. Wermut ins Hirn tropfte allein die überraschende Erkenntnis: Du bist nie allein. Menschenmassen drängen zur Brunft. Schon seit August sehe ich Anzeigen für den “Höhepunkt im Jahr”, man müsse nach Dänemark, auf den Darß, nach… Brunftourismus. Bei uns in der Gegend war da noch nix los, viel zu warm. Aber dann ging’s doch los. Mit dem Auto cruisten die Leute ums Carree, fielen mit Kind und in kurzer Hose für sieben …

Hörst du?

Die blanke Schwedenmünze rollt noch in meinem Kopf hin und her. Die See, jetzt so tobend, vor Wochen noch ruhiger, sehe noch die Abdrücke meiner Barfüße auf Stein. Sonne, Regen, Menschen und nasser Sand. Schöner Abschied von einer Reise. Bin noch dort. Liege im Wald. Kann nur erzählen, was vor- und nachher, was immer geschah. Von den Überlagerungen aus diesem viel zu langen Sommer, diesem Ausgangswinter und dem Leuchten des Frühherbsts. Am Arm der Schatten erspäh ich Wegkreuzungen, die sich übereinanderschieben. Doppelt, dreifach beleuchtet. Tun sie seit Jahren. Da ist es das Lebensmosaik, ganz ohne Scherben nur mit handelsüblichen Brüchen. Durchschimpft von Amseln, Kehlchen und Sylvias. Da war ich. Nein dorther, nee dorthin gekommen und habe das, ach nein, es war doch jenes, ich habs gesehen, weißt du. Also, ich selbst wahr, wahrhaftig war dort und wann? Wird sich so leicht versä’n wie Münchner Bergminze. Auch Tränen lecke ich selbst, das Einhorn ist noch am Südsee in Schweden. Mag es die Dachse filmen, wie sie über die Wege huschen, und die Hirsche, die trefflichen Hirsche. …

NaturFoto 10/23: Wer? Welcher Fuß?

Freuen uns sehr, dass die NaturFoto in der aktuellen Ausgabe die Tracking-Fotoserie bringt. Auch dass eine Frage als Titel steht, mit der man sich als Fährtenleserin ziemlich oft beschäftigt. Worum es geht? Um die Ästhetik von Tierspuren, das Angerührtsein beim Anblick von Tierzehenabdrücken und – die Kunst des Fährtenlesens. Mehr? Unbedingt eine kaufen, es lohnt sich in jeder Hinsicht…

Aktionstag Schömberg

Zur Eröffnung der Ausstellung, zur Ballade des Wassers mit Bahn und Rad. Das war Pats Plan – und so haben wirs gemacht. Zum ersten Mal ohne Auto. Läuft! Also, ab Bad Liebenzell im Schwarzwald nach Schömberg. Zehn Kilometer, 400 Höhenmeter, nur bergauf. Pat immer voran. Ich verbarg mein Ächzen im Moos. Aber: Goldener Oktober! Ankommen mitten im Schömberger Herbst-Trubel war mega. Vorbei an Kurhaus, Kinderspielen, Menschenmassen, die zum verkaufsoffenen Sonntag pilgern. Zu Fuß dann durch den gut gefüllten Bauernmarkt, und hinein in die menschenleeren Ausstellungen. Im Rathaus gefiel uns “SubReal! von Andreas Helweg, im Haus Bühler klatschten unsre Bilder willkommen und heulten, sie hingen bisschen schepp. Danach Kaffee und Kuchen von der Waldräuber-Kita, Käse vom Bauernmarkt und Tschüssle ihr vielen. Zurück, zum Glück, immer bergab. Die Bahnerlebnisse wollen noch verarbeitet werden. Erst quetschten wir uns zu den Oktoberfestlern, paar Stunden später die Eintracht-Fans zu uns. Menschen, Menschen, Menschen. Ach Schömberg. Pat hat schon die nächste Idee – we’ll be back!