Stadt für Alle
Was treibt eine ganze Generation junger Menschen, die in westeuropäischen Ländern aufgewachsen sind, in die Fänge radikal-islamischer Scharlatane? Warum werden vermeintlich sanfte Jungs zu Selbstmordattentätern? Weshalb greifen Mädchen, die eben noch im Tattoo-Studio waren, zum Ganzkörperschleier? Zwei aktuelle Veröffentlichungen widmen sich diesem Phänomen. Die Autorin Petra Ramsauer nennt sie „Dschihad Generation“, der Autor Ahmad Mansour „Generation Allah“. In beiden Büchern werden Ausgrenzung und Entfremdung als Hauptursache der Radikalisierung skizziert. Der „Islamische Staat“ IS ziehe sie als heilbringende Parallelwelt an, die verspricht, woran es den Jugendlichen mangelt: Geborgenheit, Anerkennung, Sinn, Gemeinschaft und Identität. Beide Bücher sind klug geschrieben und liefern Hintergrundinformationen für die überfällige Debatte über dieses Thema. Dabei sind die Einblicke, die sie geben, sowie die Antworten, die sie finden, durchaus verschieden. Als Nahost-Reporterin recherchiert Petra Ramsauer kenntnisreich die Fakten und setzt die Puzzleteile des IS als bedrohliches Szenario zusammen. Zu Beginn des Buchs gesteht sie, dass sie aus persönlicher Betroffenheit schreibt: Anlass des Buchs sei der Mord an ihrem Kollegen Jim Foley gewesen – der vor laufender Kamera von einem jungen Mann enthauptet worden …
Das Kameraauge schreckt sie wenig – zumindest am Waldsee, wo die meisten Vögel beim Anblick von Zweibeinern nur das Eine im Sinn haben: Brötchen. Gibt es von uns nicht. Aber ein bisschen Modelhonorar in Form von Rosinen, Haferflocken oder Buchweizen ist schon drin. Vor allem wenn man so hinreißend aussieht. Erst seit kurzem weiß ich, dass Schwäne hellbraune Augen haben, Eichelhäher eine Iris wie Bergkristall und Ringeltauben eine, die an weiße Jade denken lässt. Blaue Augen sind bei Tierens ja eher selten – aber Dohlen schauen aquamarin drein und Hausgänse mögen plumpe Füße haben, aber ihr Blick ist der Himmel in vergissmeinnicht… Bruno, die wahrscheinlich Bruni heißen müsste, führt die Reihe an. Einige Wochen lang hielt sie Hof an einem unserer Weiher, an dem zuvor noch nie Schwäne gesehen wurden. Ganz zu Anfang handelte sie sich vermutlich eine Vergiftung ein. Warum auch immer, zum Glück rief ein zupackender Jogger den Tiernotarzt und Bruni kam wieder auf die Füße.
„Take only photographs. Leave only footprints!” Ein Schild mit dieser Aufschrift erinnert auf der dänischen Insel Fur Strandläufer und Inselhopser, dass sie Gäste sind. Wäre dies eine universell gültige Regel, würde sie auch noch beherzigt – wo würde das hinführen? Aber nein, uncooler Gedanke. Weshalb sich immerzu höchst erstaunliche Dinge finden. Hier ein Set von 20 Dingen, die frontal vor mir auftauchten. Einfach so. 1. Geerdet 2. Asphaltrosen 3. Verweht 4. Blocksatz 5. Aus
Jogger machen Selfies, Spaziergänger können den Blick nicht wenden, Mütter und Väter, die kinderwagenschiebend am Main flanieren, stoppen für ein Handyfoto – das neue Graffiti an der Frankfurter Osthafenmole (hier das vorherige) ist schon von weitem sichtbar und lässt niemanden kalt. Zu bekannt ist das Bild des ertrunkenen Flüchtlingskinds Aylan, das die Vorlage war. Nach dem Interview, das die beiden Frankfurter Graffiti-Künstler Justus Becker alias COR und Oğuz Şen alias Bobby Borderline der Hessenschau gegeben haben, war genau das ihr Ziel: die Menschen zu bewegen und dazu beizutragen, dass das Elend der Flüchtlinge nicht vergessen wird. Die Hafeninsel habe sich angeboten, weil sie vom Wasser umspült an die türkische Küste erinnert – und genau gegenüber der EZB gelegen ist, die somit sehr passend das eingeigelte Europa vertritt. Cor hält es für wichtig, das Bild genau “hierherzubringen, weil es die Leute erst interessiert, wenn es vor ihrer Haustür passiert.“ Es gab einen medialen Wirbel vor einem halben Jahr: Darf man dieses Foto zeigen? Muss man? Manche haben sich um die Antwort gedrückt und den Jungen verpixelt. …
Zu dick, zu dünn? Zu klein, hektisch, ungeschickt? Sobald Eltern das Gefühl haben, ihr Kind entwickle sich nicht wie andere, rumort in ihnen die Fage: Ist das normal? So weit so klar – das gehört zum Elternsein. Wenn aus diesen Überlegungen jedoch Angst wird und daraus Etiketten wie „gestört“ oder „hyperaktiv“, ist definitiv Schluss mit normal. Drei Bücher hab ich dazu für Psychologie Heute (August 2015) gelesen, darin ziehen zwei Kinderärzte und drei Journalistinnen eine Bilanz ihrer Arbeit. Fazit: Wenn es ein Problem, gibt, dann ist es der Optimierungs- und Normierungswahn! Aber eins nach dem andren: In “Die Kinderkrankmacher” haben die ZDF-Journalistinnen Beate Frenkel und Astrid Randerath umfangreiches, zum Teil investigatives Recherche-Material in Sachen Pharma-Seilschaften zusammengestellt, das sie für diverse Frontal21-Sendungen gesammelt haben. Es geht ums Geschäft. Genauer um das systematische Geschäft mit dem Gesamtmarkt Kind. Dazu zählen Antibabypillen, die Teenagern als probates Mittel gegen Akne verkauft werden, Brustvergrößerungen für 18-Jährige oder Tabletten gegen ADHS. Die Autorinnen zitieren etwa die Studie einer Krankenkasse, in der auffiel, dass im Raum Würzburg doppelt so viele Jungen und …
Krass aufregend, und dazu noch so hip minimalistisch. Aber dennoch wegen der Anbau-Ansätze nicht unpolitisch: Mehl. Ja, Mehl. Wollte ich schon immer mal drüber schreiben, weil ich zu gern Gebackenes in jeder Form esse – und ebenso gern selber backe. Jetzt habe ich es tatsächlich geschafft, eine Redaktion davon zu überzeugen – und drüber geschrieben. Nicht über meinem Gebäckkram, sondern über Mehl. Mehl ist nämlich ein echter Renner im Einzelhändlerregal. Bringt einfach so Kohle rein ohne beworben zu werden. Braucht halt fast jede und jeder in der Küche. Vergesst die Milch. Mehl machts! Damit es kickt, hab ich dann natürlich von den besonderen Sorten geschrieben, die es jetzt zuhauf gibt: von Amaranth, Buchweizen oder Chia über Erdmandel, Hanf, Kokos bis Quinoa, Walnuss und Zwerghirse (alles glutenfrei übrigens). Im Zuge der Recherche hab ich gelernt, dass Chia die Samen von einem mexikanischen Salbei sind (was mich für das Zeug dann doch eingenommen hat), dass die äthiopische Zwerghirse „Teff“ je nach Gaumen rauchig, erdig oder nussig (nur letzteres steht auf der Packung) schmeckt, und mich bei …