Monate: März 2012

Wahlfilter: Schwarz-weiß oder Farbe?

  Schwarzweiß-Malerei, Schwarzweiß-Denken – den Blick aufs Schwarz-Weiße als altbackenen Look, negativ konnotiert als ‚Sehen ohne Nuancen‘ gibt’s schon lange; auch wenn’s, wie man auf guten SW-Fotos sehen kann, null trifft. Bei uns ist „sieht ja aus wie schwarz-weiß“ ein Running Gag aus Wim Wenders’ „Der Stand der Dinge“. Der Ausruf entfährt dem entsetzten Filmproduzenten: „Ich denke: Das sieht ja aus wie schwarz-weiß – – – es ist schwarz-weiß!“ Und? Dann und dafür will kein Geld mehr zahlen. Das war ein zynisch-selbstironisch-verzweifelter Autoren-Kommentar – damals war Wenders der Schwarzweiß-Filmer – aber Farbe, Farbe war Zukunft. Und jetzt? Schwarzweiß war so lange so was von out, dass die Werbebranche es vor ein paar Jahren als verdammt cool wieder entdeckt hat. Und: Was kaum noch jemand weiß, da kaum noch jemand so fotografieren kann – es hat ja was besonderes, es relativiert die Dinge. Schwarz-Weiß-Sehen ist nicht Polarisieren, sondern Sortieren. Eine Kunst, das ein Auge erfordert, das schwarz-weiß sehen kann. Denn aus der Menge der visuellen Reize sticht dann plötzlich nicht mehr das Bunteste hervor, sondern Muster …

Entree! Buch- und Ausstellungs-März

Schon draußen gewesen? Barfuß? Die Zehen im Sand, die Sohlen in taunasser Wiese, die Sommerwaden im Grasblütengekuschel… Draußen sein ist ein Lebensentwurf. Ist durchgepustet werden, ist die unberechenbar-köstliche Überraschung des Jetzt. Ob Urlaubstag, Waschtag, Marktag – alles Alltag, der nebenbei seine Stillleben zusammenwürfelt. Oft nur sichtbar in der Sekunde des Vorübergehns. Wenn die Kamera passen muss, übernimmt das innere Auge die Spur. … So fängts an. Unser Booklet. Das gerade gedruckt wird. Der Anlass – Tanztherapeutin Susanne Born will ihre Räume durch unsere Foto-Strick-Graffiti verwandelt haben. Am Sonntag den 25. März öffnet sie dann – für einen Tag für eine Ausstellung. Und weil wir den Besuchern auch was zum Blättern anbieten wollen, wird jetzt dieses Booklet gedruckt. Und dabei gleichmal blurb ausprobiert, den book-on-demand Publisher der Fotografen (das Wort blurb ist übrigens keine Neuschöpfung, ist kreatives Beiwerk, gibts seit 1907 sagt wiki: hier). Also blurb, denn: selbst ist der Mensch, vor allem der Autorenmensch, vor allem weil die Verlage nicht nur zicken, sondern buy-outen und Leistungsschutz irgendwie anders sehen als Autoren wie Freelenser und Freischreiber …

Strick-Aktion: Anti-Lärmteppich für Offenbach

  Ankommen und gelobt werden: Wie schön! Und so herrliche Wolle! „Och ja – meine Reste halt.“ „Drei Tage dran gehäkelt“, verrät die Frau mit dem kirschroten Schal neben mir, als sie eine kunterbunte Decke auspackt. In der Mitte des Offenbacher Marktplatzes treffen sich heute die ausdrucksstarken Nadeln der Region und stricken gegen Fluglärm. Am zentralen Nähtisch orientieren sich die Neuankömmlinge: wer hat hier den Hut auf? Wo soll ich anstricken? Der Lärmteppich oben verhindert, dass man verstehen kann, was die beiden Initiatorinnen der Aktion eben sagen, der Lärmteppich unten auf dem Marktpflaster wächst und mäandert über den Platz. Aus Taschen und Körben quellen Maschenkombinationen verschiedenster Couleur. Und werden allesamt aneinander genäht. Bunt zu monochrom, neonorange und kraus zu traumhaft schönen Farben und Mustern. Eine Frau freut sich, seit Ewigkeiten zum ersten Mal wieder an die Nadel gekommen zu sein. Eine andere hat nen Schal dabei, und sagt kategorisch – „Ich kann nicht stricken.“ Ach was, so was verlernt man doch nicht? „Nein. Ich will nicht, hat mir noch nie Spaß gemacht, deswegen hab ich …

Geschenkt: Betriebsfahrt zum Römer

Mutig. Diese etwas andere Demo war teuer. Voll durchdacht, designt und beworben – ganzseitig in den Zeitungen – in frischem , netten himmelblau -, im Radio und via Einladung der Vielflieger. Ein Stück Flughafen auf dem Römer, der fernsehgerecht ausgeleuchtet ist. Eine große Bühne ist aufgebaut, Zelte, Brezeln gibts, Kaffee und Wasser gratis. 35 große Busse und 6 kleine säumen den Mainkai. Betriebsfahrt. Eine glatte Moderatorinnenstimme spricht: darf ich das sagen: „das war erst der Anfang“. Der Römer ist gefüllt. Schätze es waren 6 bis 8000 Leute da (Fraport sagt 10, die Polizei 8000). Es dominieren zwei verschiedene Dresscodes: Blaumann mit neongelber Fraport-Weste oder Damen und Herren in edlem Zwirn, Schwarz-weiß. „Ich sehe Architekten, Ärzte und Parteimitglieder“, freut sich der Condorchef über die positive Resonanz der Region. Ein Exilbayer sagt, „der Flughafen muss noch weiter ausgebaut werden“, unbedingt. Alle tragen die gleichen himmelblauen oder grünen Schilder,die gleichen Aufkleber und die gleichen Sticker. Nur ein Schild weicht ab vom Vergissmeinnichtblau-Einerlei: „Keine Totenstille über Frankfurt“. Und, ja – hier sind endlich auch die Migrantenmitbürger unter den Demonstranten, …