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Süßer die Quitten

  Dieses Gelb! Dieser zitronenrosige Duft, und unterm schützenden Flaum die kühlste, glatteste Haut. Aaah! Eine Sinnesweide. Dieses Jahr schnuppern und schmausen wir reichlich daran, denn hinterm Landhaus stehen ein paar Quittenbäumchen. Und was für welche. Nicht dass sie stattlich wären. Sind eher von gedrechselt murkeliger Gestalt, was aber sicher am Gerumpel der Baumaschinen des Nachbarn liegt und der Dürftigkeit bisheriger Beachtung. Schert sie gar nicht. Im Gegenteil, ihnen geht nicht mal bei diesen apokalyptischen Sommern die Puste aus. So ist das wohl, wenn man aus dem früheren Persien stammt. Und vertragen auch noch Frost. Und beschenken uns mit riesigen Früchten, unsre Hohenloher Birnenquitten. Und last but not least: Geschmacklich sind sie einfach nur ne Wucht. Die türkischen mögen größer sein, weicher und weniger herb, unsere aber punkten mit Aromentiefe. Deliziös. Was sag ich, Rabolicious! Seit vier Wochen etwa, seitdem uns die faustgroßen Früchte fast auf den Kopf gefallen sind beim Ernten, sind wir umgeben von diesen Gelblingen. Gucken frech vom Fensterbrett, füllen Schalen und Körbe und haben uns zu x verschieden Köstlichkeiten für jeden …

Lebenslang

  Turnaround. Friss. Bleib. Nimm: den fremden Boden, die Unnacht. Du lebst, was willst du Ich seh dein Ohr zucken Ob die Trennung schmerzt? Alldämmend das Raunen Deine Rückwelt ein Bild auf der Wand Traumend pflügst du Weite, Zickzack, Nase tief Im Knistern roter Leiber und geschwinder die Füße im Schlaf als je, die Ohren auf Acht Schleicht wer? Hund? Hyäne? Los doch, ihr Sternfinger, lauft Oder fliegt. Hoch und hoch Nebenan im Türkisverließ Die Himmel bedeckt, die Sonne ein Netz drin das bunteste Federschwirrn immerhin, immerher, immerhin Zu schön, zu selten, bleibt hier Himbeeren und Maden und Mäuse So grob für alle Zukunft. Lebend Als ob. Als ob wir pfeifen im Wald Für nichts      

Zelten für Bikepacker

  Zelten ist best. Eigentlich. Aber früher war da mehr Glanz. Seit die guten Plätze für Vintage-Zelter wie uns wegschmelzen wie arktisches Packeis, seit immer mehr Wohnmobile unterwegs sind, macht es immer weniger Spaß. Jaha, schon klar, nur immer schön ist Zelten nun auch nicht. Nass werden ist doof, Straßenlärm auch. Zecken oder Windstärke 8 müssen nicht sein… Aber, im Grunde alles erträglich und gehört dazu. Eins aber, und dieser Punkt wird immer krasser, verleidet uns das Zelten: Menschen mit Klatsche und Reisemobil. Aber, der Reihe nach. Für die schönsten Plätze muss man sich schönst ins Zeug legen. Die liegen nunmal ab vom Schuss, ist ja grad der Reiz. Beispiel Uig oder Bosta Beach auf der schottischen Insel Lewis: Bergauf-bergab-bergauf. Da ist es! Nein, noch ne Schleife und noch ne Kehre und – weiter treten, treten, treten. In vorüberziehenden Wohnmobilen konnten wir nichts als Weicheier in Dosen erkennen. Ja, sorry. Wenn man platt ist, mault man gern bisschen ab. Zum Glück sind die Camper-Spezies meist fein voneinander getrennt. Wohnmobile näher an den Sanitäranlagen und Radler- …

Plan C

  Lieber kein Treffen, sagt ein Freund ab, wegen Corona. Andere laden uns ein. Im Garten sitzen. Lachen, Trinken, in die Sterne schauen. Über Klopapier reden. 10 Euro das Paket. Einlagig wohlbemerkt. Nee, ne?! Doch! Der neu übernommene Supermarkt an der Ecke. Guter Geschäftsmann, ja? Arschloch. Den Laden werde ich nicht betreten ischwör. Und dann gibts ein Sprachstolperwitz, den, warum auch immer, nur die Frauen witzig finden. Zum Totlachen, Haha! Hach, tat dieser Abend gut. Irgendwo nördlich, paar 100 Kilometer entfernt, vielleicht zur selben Zeit, ging einer alten Frau die Lebenskraft aus. Was mache ich hier? Mag sie gefragt haben. Warum kommt niemand? Kein Funke am Tag, keiner in der Nacht. Sie aß nichts mehr, trank nicht. Corona-Infektion hatte sie keine. Aber sie starb daran. Kollateralschaden, wird man später sagen. Und lehren, wie man sich umarmen soll: Mit Maske, ohne uns in die Augen zu schauen, und kurz. Am besten die Luft anhalten dabei. Kleine Kinder dürfen uns die Füße küssen, größere werden von hinten umarmt und, wenn‘s denn sein muss, auf den Kopf geküsst. …

Corona Gardens

  Fotos by Pat Meise, Time-out by Nature. Der größte Parkplatz in Town war mal Bannwald.   Ich bin eine Pariser Vorstadt eine Algenfahne ein eingerolltes Blatt ein blaues Tuch ein leeres Buch ein verbeultes Auto ein heißer Kanaldeckel in Ploumanac’h aber nie, nie ein Flugzeug über dem Wald      

Solidarität

  Komme gerade vom Markt. Beim Wurststand erzählt ein alter Mann der Verkäuferin, was im Frankfurter Stadtteil Eschersheim abgeht: Drei Jungs haben da Klopapier für 2 Euro die Rolle verkauft. Die Polizei hat sie festgenommen.      

So blau

  Gesperrt, ausverkauft, abgesagt. Das Beste daran: Es ist still. Flugplan aus der Zeit, als ich Kind war und das Rauschen am Himmel beruhigend. Ich erinnere es als tiefes, fast angenehmes Sommerbrummen. Zuletzt gab es dieses Gefühl, als dieser unaussprechliche Isländer Asche spuckte. Wir lagen am Flussstrand – und sahen einen surrealen Film: keine Kondensstreifen am Himmel. Auch kein minütlich nervenzerrendes Dröhnen, zu dem sich das Brummen heute ausgewachsen hat. Nicht mal Schiffe und deren Bugwellen. Ungewohnte Abwesenheit gewohnten, menschlichen Lärms. Wie in meinem Kopf. Zwar gibt es natürlich das Nachrichtenrauschen: Infektions- und Todesraten statt Bundesligatabelle. Ausgangsbeschränkung, Grenzschließung, Besuchsverbot… Doch aus der Mitte dieses Tinnitus-Shitstorms starrt gespenstisches Nichts. Und zieht Bürgerrechte aus uns und Kraft. Ich muss trotzdem raus. Was mich sofort auf Corona-Modus dreht. Distanz halten – und wer einem auf die Pelle rückt, unerträglich finden. „Bitte halten Sie Abstand, mein Herr“, ermahnt einer der neu eingestellten Abstandshalter im Supermarkt. Danke. Das war gestern. Der erste Laden, in dem ich – ja – nach Klopapier suchte. Wir haben nämlich nicht den Keller voller Rollen. …