Autor: Sylvia

Kassel fifteen

Documenta? Antisemitismus! Bang. Diskussionen an. Gut so. Mehr kann man als Ausstellungskuratorin wohl kaum erhoffen, als dass alle Welt sich aufregt und je nach Gusto hocheloquent oder pöbelig aufeinanderlosdrischt. Lasst ruhig raus, was da schwelt und stinkt. Bild ab. Schormann ab. Alle zufrieden? Das Bild hätte ich ja nun wirklich gern gesehen. Hinfahren oder nicht? Hin. Irgendwas mit Kollektiv. Grupa und Indonesien – zu mehr haben mich die SZ-Artikel nicht gebracht. Brock hat kein Bild von Qualität gesehn, andere nur das Empörende, mit den nicht zitierbaren Nazi-Symbolen. Worum ging es bei dem Bild nochmal? Achja, Gewalt. Gestern reichte es schon, ein Foto des verhüllten Bilds unerklärt als „Antisemisitismus“-Illustration zu verwenden. Genauer, als Bebilderung zum Verriss der „linksradikalen“ Haltung von Eva Menasse. OMG. Wir Beschützten. Level h Endlich da: Kassel Hauptbahnhof. Lassen die vier Lehrerinnen („Das Schlimmste ist die Verantwortung“) und den Rest des Schulschwarms schonmal vorauslaufen. Wir wolln gleich hier am Bahnhof starten. Portemonnaie in die Hand: Viermal bitte. Die Eingangslady schüttelt erfahren den Kopf. Hier keine Tickets. Nicht nur wir fragen. Nur wir aber …

Schlüssel zum Meer

Erster Tag: Bitte nicht einsteigen. Dafür To-Go-Scham im Capuccino Aber ich hatte Erdungsbesteck. Und Worte. Sichtlinks auf Wänden und Leibern: Wir schämen uns für alle, die gegen uns… Eat. Drink. Game. Repeat. Austernfischer, Austernfischer, Schaf! klappklappklapp Schaf – Stelze, Bach – Stelze. Hüpf! Stelze, fang! Staks und Kieks, durchs Gras und hoch und weg Im Weidenvorhang hängen sie Hups und flitz und hastunichtgesehn, die Schwätzer, die Gutelaunequatscher, Mückenfänger, Grasmücken mit Käppchen und klappklappklapp Auftritt Amselmann. Ahhh, Flügel durchs Ameisenbad, uns im Bernsteinblick. War spät gestern: Zeltnachbarn B Sie mit Innensicht die die Bäume umtorkelnd. Er mit beiden Rädern zum Zelt. Langer Tag gestern? Frag ich morgens an der Spüle. Sie zum ersten Mal anredend. Oh ja. Beim Deichhochlaufen gestürzt und ein Veilchen eingefangen. Sie grinst halbseitig Nimmt die Sonnenbrille ab. Wow! Nicht nur ein Veilchen, ein echter Shiner, wie die Kanadier sagen. Könnte man sogar vom Mond aus sehen… Drauf haben sie das ein oder andere Duvel getrunken. Sie grinst. Dann packt, Sie fahren nach Haus. Übrig Nachbarpaar A. Was machen die nur den ganzen …

Mitgefühl kommt von Mitgefühl — Elisabeth Raffauf im Interview

Elisabeth Raffauf, Psychologin, Erziehungs- und Paarberaterin Kennengelernt haben wir sie durch eine Reportage über ihre Zusammenarbeit mit Kindern für die coole Radio-Aufklärungs-Serie „Herzfunk“. Ist fünf Jahre her – wieder haben wir uns in Köln getroffen und diesmal mit ihr darüber gesprochen, warum sie Psychologin geworden ist, wie es ist Flüchtlinge aus der Ukraine zu beherbergen, und was Kindern in dieser Gesellschaft fehlt. meise&meise Was hat dich dazu gebracht Psychologin zu werden? Elisabeth Raffauf Ich wollte wissen, „Wie funktioniert die Seele?“ Eigentlich wollte ich ja beruflich etwas anderes machen als meine Eltern. Beide haben im Bereich Neurologie und Psychiatrie gearbeitet. Zusätzlich hatte meine Mutter eine Ausbildung als Psychoanalytikerin, weil sie die medizinische Behandlung oft nicht ausreichend fand, etwa bei Magersüchtigen. Anderseits habe ich bei meiner Mutter immer gesehen: Ihr macht das richtig Spaß… So kam ich zur Psychologie. m&m Hast du später Dinge übernommen, die deine Mutter gemacht hat? ER Meine Mutter ist ein ganz anderer Typ als ich. Sie ist sehr ruhig und zurückhaltend. Über sie wurde immer gesagt, wenn alle in die Straßenbahn reinkommen, …

Drei Goldpins sollt ihr sein

Paar Tage nicht da. Briefkasten ist voll. Da – Paketzettel zwischen den Zeitungen. Von? Absendercheck und JAAA! Endlich! Endlich krieg ich mein Handy wieder. Komisches Gefühl nach vier Wochen ohne. Anfangs schrecklich, immer wollte ich mal eben was gucken, mal dies checken, mal jenes fotografieren. Mal ne Nachricht schreiben, mal… Oooommmmm. Einatmen, ausatmen – bffffff. Und die Leute so: Geben Sie mir Ihre Handynummer? oder, Hey, Ich hatte dir ne Nachricht geschickt. Und ich dann: Ja, aber ich bin nicht erreichbar bzw. Hm, kannst du mir das nochmal als Mail schreiben? Antwort: Hä?! bzw. Was?! Alles fing mit einem Blackout an. Okay, Handy ans Kabel gehängt. Aber. Stunden später sagte es immer noch nur „Rotes Licht“. Pats Tipp: Machma Kontakte sauber. Okay. Auf das Ding, Akku raus – und einen Fussel weggepustet. Wieder zu. Rotes Licht. Hm. Was war das denn für ein Fussel? Der lag tatsächlich noch auf meinem Schreibtisch. Bisschen Metall, zeigte die Lupe, golden. Akku wieder raus und dann hörte ich das Problem trapsen: Wie viele Kontakt-Pins sind denn normal? Drei. Waren …

Warten auf das perfekte Bild
Naturfotograf Karsten Nitsch im Interview

Sylvia: Was machst du genau und warum? Karsten: Mir liegt sehr viel daran, den Menschen Natur nahe zu bringen und ihnen verständlich zu machen, dass sie sich als ein Teil dieser Natur sehen müssen. Was mir besonders aufgefallen ist, dass wir uns distanziert haben. Wenn wir über Natur reden, reden wir immer über irgendetwas da draußen. Etwas anderes. Wir haben Naturschutzgebiete, und sagen, Ach schau mal da, die schöne Natur… Dabei gehören wir dazu. Auf keinen Fall sehe ich mich als jemand, der Leute bespaßen will. Das wurde mir im Lockdown besonders klar. Da hat man uns gesagt, wir können nicht arbeiten, weil das in das Ressort Tourismus fällt. Okay: Die Leute kommen von überall her – das ist natürlich Tourismus. Doch, wenn ich mit den Leuten unterwegs bin, vermittle ich ihnen Wissen – und das läuft für mich unter Umweltbildung. Für mich ist das viel wichtiger, und es macht mir auch viel mehr Freude, wenn es in diese Richtung geht. Wenn wir etwa ein Naturschutzgebiet einrichten, tun wir das doch nicht für irgendetwas oder …

Dreitage

Ein Straßenwitz – auf dass wir weiter und weiterhin hinsehen, nicht abstumpfen (uns auch nicht gewöhnen an die Bilder des Kriegs). Schönes Beispiel für Spurenalterung auch. Vor drei Tagen wär sofort klar gewesen, was das Ding auf dem Asphalt mal war. Aber jetzt?? Nach dem ganz normalen Wahnsinnsverkehr auf einer Nebenstraße (rat run), auf der manche denken, es sei eine prima Abkürzung, sieht das, was es mal, nun recht eindimensional aus. Kleiner Hinweis, der sich aus Untiefen meines Hirns dazu meldete: … als ein Auto blitzeschnelle langsam um die Ecke fuhr. Drinnen saßen stehend Leute, schweigend ins Gepräch vertieft, als ein totgeschossner Hase auf ner Sandbank Schlittschuh lief. … Was isses?