So muss das im Mai: Alles sprießt und blüht, dass es eine Lust ist. Ja-ha, es dürfte jetzt gerne ein, zwei Grad wärmer sein… Egal, trotzdem herrlich, auf dem Balkon zu sitzen! Ich komme aus dem „Anschmachten“ meiner Pflanzen gar nicht mehr raus – diese schöne Umschreibung stammt von der Hamburger Nordbalkonista Patricia. Im März hab ich mir ihren Vortrag beim Bio-Balkon Kongress angehört – und diesmal sogar als Kollegin, denn ich durfte unseren Balkon auch vorstellen. Bio-Balkon?-Kongress? Ja genau. Zweimal im Jahr lädt Birgit Schattling Praktiker, Wissenschaftler, oder aus Liebe Eingefuchste ein, ihr Wissen mit der Community zu teilen. Hab ich vor drei Jahren zufällig entdeckt und picke mir seitdem jedes Jahr aus dem bunten Strauß der Vorträge Inspirationen für Licht- und Schattenpflanzungen raus, oder wie man düngt, dass es auch was nutzt. Auch Grundlagenwissen wird immer vermittelt: Wie war das noch? Wo und warum gibts Pollen und was ist männlich und weiblich an der Blüte? Basics und Specials also, plus Praxis… Ein Muss für alle Balkonschmachties.
Als von Birgit dann letztes Jahr eine Mail eintrudelte, ob ich beim Kongress von meinen Erfahrungen erzählen möchte, habe ich gleich zugesagt. Na gerne! Durfte unsere Frankfurter Wildblumen-Oase davor schon zweimal vostellen: Auf Katharinas Wildem Meter und bei Tausende Gärten, Tausende Arten. Nach der Zusage dachte ich dann aber: Uups?! Hab ich nicht schon alles gesagt? Ich kann doch nicht dasselbe nochmal erzählen… Zweitverwertungen fand ich noch nie befriedigend, waren doch die besten Worte schon mit Hingabe gedrechselt, the one and only Titel schon kreiert. Hm. Trotzdem verlockend. Dann kam Katharinas Anregung, meine Tierbeobachtungen mit einzubeziehen. Hoho: Fährtenlesen auf dem Balkon! Geniale Idee – danke nochmal.
Unter anderem habe ich erzählt und gezeigt, welche Insekten sich durch die Wildpflanzen einladen lassen. Oder wie ungeladene Gäste umsetzen, was Birgit in einem ihrer Bücher empfiehlt: „Einmal hacken ersetzt zweimal gießen.“ Sie schrieb aber nicht, dass Amseln diesen Job machen sollten, so wie bei uns… Als Monsieur Schwarzfeder schon zum zweiten Mal in amseltypisch ruppiger Art den Balkonkasten Nr. eins durchgepflügt hatte, wobei Erde, Laub und was auch immer über Bord ging, war ich nicht amüsiert. Aber hey, gehackt war dann mal.
Als ich im Februar die Fotos für den Vortrag zusammensuchte, war das Portrait von Monsieur dabei, plus weitere, die demonstrieren wie es aussehen kann, wenn etwa Mäuse Spuren hinterlassen. Die wirklich krassen Bilder allerdings gab es erst zwei Monate später. Ich war auf einer Fährtenleserfortbildung, als Pat mir Fotos schickte: „Guck mal, wir haben einen Maulwurf.“ Hä? Zurück zuhause konnte ich es kaum fassen. In drei Töpfen sah es tatsächlich aus, als lebten Maulwürfe drin. Die Erde aufgehäuft zum Hügel, so hoch, dass er über dem Topfrand quoll und auf dem Boden schon Schwesterhügel bildete. Gezeigt haben sich die Täter nicht. Rätsel über Rätsel. Wir haben ja Eichhörnchen im 5. Stock und sogar Schnecken, aber Maulwürfe? Aber dann: Ha! Ich entdeckte hinter der Flockenblume ein Mauseloch und erspürte Hohlraum unter den Margeriten. Pat hat gab daraufhin Kopfzeichen an der Kastenwand und ich drückte bisschen von oben meine Meinung aus – und füllte Erde ins Loch. Mittlerweile hat Balkonmaus sich ein ruhigeres Plätzchen gesucht. Gut so.
Gibts Schöneres als sich über ein Lieblingsthema auszulassen? Aber ja: Gemeinsam schwärmen! Ich freute mich über Kommentare – mit Lob oder Fragen „Wie machst du“… dies oder das… und „Welche Erde nimmst du?“ „Packst du deine Pflanzen im Winter ein?“ Dazu gabs Emails aus der Umgebung mit Einladung zum Balkongucken. Also, auch neue Kontakte – zu Barbara etwa aus Frankfurt. Später brachte sie mir, wie auch Katha dieses Frühjahr, Pflanzen aus einer Wildstaudengärtnerei mit. Oder zu Sabine, die eine Pflanzentauschbörse in der näheren Umgebung organisiert.
Das Berührendste Feedback aber kam aus Regensburg: Ein handgeschriebener Brief mit Samentütchen! Frauenflachs und Kaukasischer Gamander. Natürlich habe ich gesät. Ein paar sind tatsächlich aufgegangen. Die Keimblätter mindestens drei bis vier Millimeter lang. Die Welt ächzt und kracht gerade furchtbar, um so wertvoller sind mir solche Momente. Geben mir Kraft für die Zukunft.
Sehr schöner Artikel und sehr schöne Bilder 💚