Ausstellungen, Medienkritik
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Häng ma den Porn raus – Buchmesse FFM

Buchmesse #01
 
Mind Fuck, Sex Diaries, Affe im Kopf… an manchen Buchregalen der Messe hämmerten die Titel geradezu ans Hirnkastel. Ich sah die Berater vor mir: „Titel, muss knallen, Leute!“ Sicher gab es neurodidaktische Empfehlungen, etwa wie man am erfolgreichsten Zahlen verwendet 3, 5, 7, 10 und 12 nämlich sind gute Zahlen, die kann man sich merken, die lieben die Leute. So ähnlich hab ich es selbst bei einem Relaunch-Workshop gelernt – und lese seitdem überall (auf seiner Beratungsspur) Sachen wie „die drei besten Wege aufs Eis“ oder „7 Tipps für ein Wohlfühlwochenende“, „5 Rezepte mit Erdbeeren und Spargel“ (merke auch: Rot ist Lesers Lieblingsfarbe) , oder „10 Dinge, die ich in der Sauna erlebt habe“. Der in echt erschienene Blogtext „26 Tipps gegen Schreibblockaden“ folgt dagegen definitiv keiner Zahlenberatung. Aber die SchreiberInnen, bei denen Beraterin Kerstin Hoffmann gesammelt hat, geben gute Einblicke. Nur Silvia Bovenschen hat sie nicht gefragt, deren Schreibtipp habe ich in der FAZ-Buchmessenzeitung gefunden. Hier – für alle Prokrastinierer, die Druck hassen – der Philosophin „Lieblingsbeschäftigung“: „Träge in der Sonne liegend zu dösen, bis die Gedanken und die inneren Bilder langsam aufweichen und schließlich sanft ineinandergleiten. Und das Schreiben.“

Aber bei vielen Workshops geht’s nicht um Inhalte, oder wie man da hin kommt, sondern drum, wie Neurosex und Diät die Kasse schmieren. Weswegen wohl auch der Autor des Buch „Affe im Kopf“, das von Angststörungen handelt und dessen Titel ich echt super finde, sein erstes Kapitel mit einer Sexszene beginnt – mit Ansage in der Einleitung. Knallts? Andererseits habe ich mich bei meinen Vorschau-Terminen durch Bücher geackert, die zwar durchaus vielversprechend waren, aber mit Titeln einschläferten á la Burnout, Achtsamkeit oder gar Lehrer 2.0…

Buchmesse #2
 
Gute Titel müssen leuchten, nicht knallen. Aber ich habe trotzdem eine Buchtrüffelnase. Die braucht, wer Auftraggeber hat die – voraus, vorvoraus! – den Druck am Puls des Geschehens haben wollen. Und deswegen von Termin zu Termin sprintet, um möglichst viele Leute zu treffen, die Bücher vorstellen, die noch gar nicht geschrieben sind. Hat schon was, dieser Rezensentenlesevorschuss. Trotzdem gilt „Achtung Sperrfrist!“ Meistens. Frag mich nur, wie lang noch das System so läuft. Nicht nur, dass Honorare und Platz für Besprechungen stetig zurückgehen – gerade ist eine Leser-Rezensionsplattform online gegangen. Kostenloser R2R content würde ein Berater wohl sagen (sprich reader-to-reader). Nicht mal Buy-out-Verträge wie für die Profis braucht’s hier. Womöglich sehen es die User sogar spontan genau so wie man es uns Schreiberlingen es einbläuen will. Oder wie Ranicki, dessen Rezept für ein gutes Buch lautete: Liebe und Tod – „alles andere ist Mumpitz“.

Zwischen zwei Terminen lasse ich mich treiben, lasse mir eine Brasilientasche aushändigen und blättere auf dem Büchertisch der Gastlandhalle in einem grandiosen Reisefotoband von Monique Stauder mit Texten von Paul Theroux: „Latitude Zero. Eine fotografische Reise entlang des Äquators“, (Benteli Verlag) – wunderbar. Verwirrend auch, weil es quasi zwei aneinandergeklebte Bücher sind, man kann von hinten oder von vorne beginnen. Solche Funde sind kleine Highlights. Letztes Jahr habe ich so Loyd Jones entdeckt. Und jetzt? Mal ein Vortrag? Sonst hab ich nie Zeit für so was. Am ersten Buchmessentag dieses Jahr schon: Hier. Wo die Mädels so hingerissen lächeln. Hingesetzt. Eine schreibt mit wie verrückt, worum geht’s? Bookshelf Porn, sagt der Präsentationsbildschirm. Ah? Ha! Ist ein Blog – und in der Times-Liste der 20 populärsten Seiten gerankt. Was war erst, Rank oder Klick? Egal. Hat gut grinsen, Anthony Dever, denn die Idee mit dem Titel war hitgenial. Was es dort gibt? Nothing obscene, versichert er, abgesehen von der Obszönität , der Intimität von Büchern oder Lesern an sich – auf und vor Bücherregalen. 12.000 Bilder von Bücherregalen – hab’s mir angeschaut. Alright .Schöne Bilder dabei. Aber, machen sie Bücher sexier, wie er grad referiert? Nope. Der verdient grad einfach nur Geld.

Buxchmesse #3

 
 

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