Alle Artikel mit dem Schlagwort: Wiesbaden

Limits of Control – Du siehst, was du willst

  Irgendwas passt nicht. Ein Reh stupsstill im Wasser. Ein Mädchen, das Küken jagt. Ein Vater, der ungerührt zuschaut… Vier, fünf Kinder rennen herum – alles seine? Zu viele zum Aufpassen? Und schon wieder die Kleine. Wedelt mit den Armen die Küken weg. Dabei zuckersüß. Geputzt mit Strohhütchen und dunkelrosa Kleid. Es muss der Tag der drei Ebenen sein. Das Geschehen, die Zeit, das Verstehen – scheibchen- und stapelweise. Jetzt nämlich rückt der tatsächlich zugehörige Vater mit kleiner Schwester in den Blick. Drei Strohhüte jetzt: Zweimal klein und niedlich beschleift, einmal groß und trilbysmart. Aber auch dieser Papa ungerührt. Dafür zieht er die Ältere aus dem Bann der Jagd. Fischt eine Feder aus dem Wasser – vielleicht das Wunder der Leichtigkeit, der Zartheit preisend. Federn zu Segelschiffchen. Jedenfalls lernt der Nachwuchs fürs Leben: die Küken über Menschen, die Mädchen über Physik. Bleibt das Reh. Das sich nicht rührt. Aber doch für den Augenblick echt genug ist. Für atemloses Staunen. Passiert den Zensor im Hirn trotz allem Widersinn. Trotz seiner grünen Haut, den Augen, die in …

Wiesbadener Fototage 2015: HeimatX

Bleib! Schau. Mich an. Wenn Bilder so zu mir sprechen, selbst wenn sie „Wurschtbud“ sagen, haben sie mich am Haken. Drei Serien gibt es bei den diesjährigen Wiesbadener Fototagen, bei denen ich blieb und schaute: „Wester World“ von Eckart Bartnik (darunter das Foto mit der Wurschtbud), „Breeda en Sestre – Brüder und Schwestern“ von Mika Sperling und „Empty Spaces“ von Katerina Belkina – außerdem mochte ich die Montagen von Brice Bourdet. Vielleicht, weil ich derzeit selbst gern mit Überblendungen arbeite. Gibt ja Leute, die das Gebastel nennen. Ficht. Mich nicht an. Doch, bevor ich erzähle, was wir in den vier von fünf Ausstellungshäusern gesehen haben, noch mal eben auf Los. Ich zitiere aus der Ausschreibung des Wettbewerbs, denn er passt gerade zu gut. Es gab zwei Leitplanken, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – hier der „Europäische Ansatz“. So wie gerade die europäische Idee an ihrem Geburtsort vergewaltigt wird, lohnt es sich unbedingt diesen Part nochmal zu lesen: „Die Europäische Union wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern lediglich als Wirtschafts- und Verwaltungsraum wahrgenommen. Je mehr dieser …

endlich / unendlich – Brita Kunstpreis 2015

  Ein Kulturschock. Die Bilder dieser Ausstellung heischen, kreischen, knallen nicht. Aber sie sind packend präsent. Dicht und tiefenscharf. Beredte Bilderstatements, wie ich sie im normalen Wust der Anschläge oder den Medienangeboten fast nie wahrnehme. Ausgezeichnet mit dem Brita Kunstpreis 2015, Leitthema Nachhaltigkeit. Feuer Die Islandserie zeht uns rein. Ein Bild trägt den coolen Titel „Elfen und Kapitalismus“. Fotografiert hat Martin Sigmund „nach der Wirtschaftskrise“ monumentale Natur, gespickt mit Menschlein. Schön, und doch: die Exotik Islands, so scheint mir, reicht bereits für ein Skandic-Feeling. So wie die Weite der nordamerikanischen Gegend für ein Roadmovie (ausfotografiert und ausgekrimit). Wasser Ganz anders die Seestücke von Wulf Winckelmann: Meer. Himmel, Wellen, nichts weiter. Und unterschiedlich groß. In der Hängung sind sie verbunden durch die Linie des Horizonts. Himmel also, Meer, Niemand. Der Blick in den Beipackzettel verrät: erst fotografiert, dann abgemalt, dann das Abgemalte wieder fotografiert. Zum Beispiel den „Pazifik vor Fukushima“. Surreal. Sieht man das wirklich? Oder ist‘s wie bei optischen Täuschungen – wenn du es einmal weißt, wirst du die Kipp-Bilder nie mehr los, wird dein …