Autor: Sylvia

Poetry meets Gier, Maß, Alltag

„Today was national Poetry Day, what is your favourite Poem?“ Nationaler Gedichttag – welches ist euer Lieblingsgedicht? Fragte eine Freundin am 4. Oktober auf fb. Gedichttag? Was? Wann? Natürlich das „national“ übersehen. Sonst hätt ich zur Feier des Tags eines online gestellt… Ja, das hätte ich, obschon mich eigentlich genau diese kleinkarierte Unsitte abstößt, Themen nur dann wichtig zu finden, wenn es einen „Aufhänger“ dafür gibt. Wahrscheinlich haben redundante Redakteure oder joblose Journalisten selbst diese Hakentage erfunden. Wirklich gute Geschichten brauchen das nicht, berühren immer. Aber warum lassen sich heute nur noch so wenige von Gedichten berühren? Auf der deutschen Plattform Lyrikline erklären die Macher unter FAQ, weshalb sie keine Manuskripteinreichungen oder Tipps brauchen: „Es gibt viel mehr Leute, die Gedichte schreiben, als Leute, die Gedichte lesen.“ Ist vielleicht das der poetische Stolperstein? Der große Filmemacher Akiro Kurosawa vermerkte in seiner Autobiographie, um gute Drehbücher zu schreiben müsse man: Lesen, lesen, lesen! Got it? Zafer Şenocak wiederum nennt Gedichteschreiben Auszeit nehmen. Auszeit vom eventgetakteten Trubel des journalistischen Schreibens. Ein Innehalten, zu Atem, zu frischem Denken …

Kalter Entzug – Was alles fehlt

  Ein letztes Aufbäumen, jetzt hängen sie am Boden. Kabel wie zertretne Schlangen ohne Saft: mein Computer ist tot. Finger tippen ins Leere, Facebook kennt mich nicht mehr. Die Nebenstelle meines Gehirns, Speicherort aller Pass- und Notizworte, abgeraucht. Mit ihm ins ewige digitale Rauschen entschwand auch die Transcription-Software meines Aufnahmegeräts. Dass ich das jüngste Interview jetzt doch gleich, und dabei komfortabler als je abschreiben kann, verdanke ich der netten Presse-Crew des Gerätehändlers O. und kurzfristigem Asyl auf dem PC des Fotografen P. Auch fort: Rosita! Abgeholt bei Nacht und Nebel – oder während mein PC ein letztes Mal runterfuhr. Zurückgeholt von der Agentur des Künstlers, nachdem wieder Platz war für schweres Stahlstemm-Gerät; nachdem das ganze Buchmessenvolk mitsamt Brillen, Rollkoffern, und Hotelschiffen Messe und Main geräumt hatte. Abgereist all die Tausenden von Zwangslesern, die vor einer Woche noch die acht Mega-Großraumbüros der Messe bevölkerten. Ein wenig von der Verwirrung, die diese Buchbörse immer verursacht, ist noch da. Jedenfalls bei mir und die Erinnerung ist noch frisch: Frühmorgens hin, damit mir die Verlagsvertreter von den Büchern des …

Rosita tanzt den Euro

Unser neues Foto-Strick-Graffiti „Rosita“   für alle downgerateten Merkelländer frei nach der Melodie Zwei Apfelsinen im Haar (France Gall, 60er, unbedingt dazu hören!!!):             Zwei Apfelsinen im Jahr, und zum Parteitag Bananen… das ganze Volk schreit Hurra – der Kapitalismus ist da. Lalalalalalala         Im gold’nen Oktoberschein, tanzt unsre Rosita den Jaguar, zeigt muntren Hüftschwung am Main die Eurogermanen schunkeln dabei. Nanananananana, nanananananana  

Drei Mal höher – Erfolgsstory mit Büchern

  Eigentlich dürfte es diesen Buchladen gar nicht mehr geben: klein, inhabergeführt, überwiegend anspruchsvolles Sortiment sowie belesene Beratung – und alles hin und wieder von klassischer Musik untermalt. Gegenstromig. So haben sie’s geschafft: „Meichsner & Dennerlein“ ist jetzt 30. Am Montag wurde deshalb lecker umgetrunken, geklönt – und das Geheimnis des Erfolgs von Klaus Meichsner und Hanns Dennerlein gelüftet. Gleich mehr davon. Davor ein paar Takte zum Visuellen: Vor ein paar Wochen nämlich kam die Einladungskarte. Die Buchstaben weiß und dunkellachsrosa of lachsrosa konnte ich kaum lesen, gefreut hab ich mich trotzdem. Schon allein wegen des vertrauten, genialen Scherenschnitt-Logos, das die beiden Buchhändler, einen auf der Schulter des anderen zeigt (M oben nehme ich an, aufgrund des verschmitzen Lächelns). Außerdem natürlich dem versprochenen Umtrunk und drittens schließlich dem Zitat von Enzensberger wegen, das mich nach mühsamem Entziffern im hellsten Licht dann doch prusten ließ: „Was Sie vor Augen sehen, meine Damen und Herren, das sind Buchstaben. Entschuldigen Sie.“ Also, alles lachse Absicht? 30 Jahre also, fast 25 davon kennen wir (was uns nach einem passenden …

Verboten!

Das Anbringen von Sattelitenschüsseln an Hauswänden und Balkongeländern ist verboten. Hat unser Vermieter ans schwarze Brett geheftet. Leider hat er sich verschrieben: Es muss natürlich heißen “Satte Elitenschüsseln”. Jep. Finde auch, dass satte Eliten nicht ungeregelt bleiben dürfen.

Tödliche Störungen

  Sich einlassen. Leben. Nicht neben-, sondern mit-einander. (Dass das die Atmosphäre entscheidend positiv verändern und prägen würde, darin hab ich ja schon hier dem Autor Jesper Juul recht gegeben). Warum tun sich die Leute so schwer damit? Wer drauf achtet, wird staunen (auch beim eigenen Dampfablasssen). Verrückt, wie unterirdisch primitiv Menschen sich im Alltag benehmen, sofern sie sich nur sicher und distanziert genug glauben. Nach dem Motto „Mir doch egal!“ Soll mir bloß nicht quer kommen, der Fuzzi, Dummlack, die Tusse. Mir reicht’s ja so schon. Zuhören, wenn andere reden? Mir scheint, viel zu viele sind so bedürftig nach Aufmerksamkeit, dass sie nur darauf aus sind, selbst zu Wort, zu ihrem Recht, in den Mittelpunkt zu kommen – anstatt zu sich selbst. Kurz: Ich zuerst. Wird man erwischt, redet man sich gern raus: Ich wars nicht. Oder: Nicht so gemeint (die schlimmste Ausrede von allen). Kleiner Ausrutscher, Sorry, Ging mir grad nicht so gut – und so fort. Leute, die regelmäßig mit vielen Menschen zu tun haben – Sachbearbeiterinnen, Verkäufer, Tierarztassistentinnen, Schaffner – registrieren …

Jetzt oder nie: mehr Empathie!

Rezension: „Miteinander. Wie Empathie Kinder stark macht.“ Dieses Buch ist eine Art Plädoyer für mehr Herzenswärme, ein Empathie-Kompass vielleicht. Beides grundlegend für eine gute Erziehung und beides Dinge, an denen es fehlt. Da sind sich viele Menschen einig, die mit Kindern zu tun haben – forschende Psychoanalytiker aus dem Frankfurter Sigmund-Freud-Institut, Neurologen wie Gerald Hüther oder eben Jesper Juul. Wenn es Auffälligkeiten gibt, so lässt sich aus deren Erkenntnissen lernen: gestört sind nicht die Kinder, gestört und gespannt sind meist die Beziehungen. Das Buch umfasst Übungen zur Entspannung, auch mit Kindern. Und kleine lebenskluge Abschnitte, die Mut machen sollen, sich öfter mal in andere reinzufühlen. Bauch- und Herzensgefühle also da walten zu lassen, wo es Sinn macht – und: all das mal einfach auszuprobieren. Es dürfte Leute abschrecken, die es nicht so haben mit fernöstlichen Versenkungsübungen. Bewusst werden die Religionen herausgehalten, was das Ganze aber wie einen Mischmasch aus Yoga, Taoismus und Reformpädagogik wirken lässt. Und, nach all den bereits vorhandenen Büchern von Juul wie einen Kessel Jesper-Juul-Buntes. Ich schätze an an ihm, dass er …