Reisen, Tagebuch
Schreibe einen Kommentar

Safariland by Bike

Eindelijk! Endlich! Schauen wir uns die Veluwe an, den größten zusammenhängenden Wald der Niederlande. Wie oft sind wir schon Richtung Küste/Egmond unterwegs mit dem Auto dran vorbeigefahren. Und jetzt, wo wir mit Bahn und Fahrrad reisen, jetzt, wo wir etwas langsamer geworden sind, jetzt tauchen wir ein in die Veluwe, das grüne, S-förmige Band mitten in der Provinz Gelderland.

Startpunkt Arnheim. Hinzus lässig mit dem pünktlichen ICE in drei Stunden erreicht. Darauf erstmal einen Cappu und einen Besuch im Mediamarkt um ein (vergessenes) Ladekabel zu erstehen. Die Rückfahrt mit dem D-Ticket war doppelt so lang, doppelt so ermüdend, vor allem menschlich, aber voll günstig.

Unser Ankerpunkt wieder ein Natuurkampeerterrein, diesmal Beek & Hei – „Bäche & Heide“. Zelt im Wäldchen aufgebaut, Hängematte aufgehängt. Klopt. Dann Otterlo erkundet und nach dem Einkauf der obligatorischen Erdnussbutter im zentralen Café des Orts Urlaubsfeeling eingesaugt.

Ursprünglich war die Tour auf vier Tage mit bis zu sechs Leuten ausgelegt. Schließlich waren wir dann zu zweit und haben noch zwei Tage drangehängt, um den Sonntag als Rückfahrttag zu vermeiden. Also konnten wir vier geile Radtouren fahren und haben die Region zwischen Putten, Kootwijk und Arnheim erkundet. Buchenmischwälder, Heidelandschaft, Kiefernmischwälder – grandios. Kaum jemand denkt bei den Niederlanden an Rotwild – aber genau das gibt es dort, ebenso wie Reh-, Dam- und Muffelwild. Nicht umsonst ist dies hier ein touristisches Highlight. Es muss umwerfend sein, wenn im August die Heide blüht. Und als reichte das nicht als Zugpferd, kann man für das „absolute Safarifeeling“ noch Ranger mit Landrovern buchen, die einen auf sonst verbotenen Trails herumfahren.

Hoho: Lässig mit dem Fernglas auf dem Rover stehn und nach Löwen, Gazellen und Hyänen Ausschau halten. Geschäftstüchtig sind sie ja schon, die niederändischen Ranger. Auch sonst bekommt der Durchschnittsmensch ja gerne was geboten. In NL ist kriegt er dann oft Hulahula mit Riesenrad und Jahrmarktgedöns. Überraschung: Wir halten uns da eher nicht auf. Vielmehr überkommt mich das Staunen, was Menschen alles für besonders halten, und für ihr Storyboard ausgeben und mitnehmen wollen. Für uns war es ohne Safari auch im September hochbeeindruckend.

Mit unseren Biobikes Pats zuhause ausgescouteten Touren zu erkunden, reichte uns völlig. Dabei entdeckten wir die dollsten Sachen am Wegesrand. Mein Highlight: Eidechsenspuren. Pat dagegen ging in den visuellen Austausch mit den Kiefernpersönlichkeiten, den Hüterinnen der Heide. Toll auch der Nationalpark. Erst war uns der vom Kröller-Müller-Ehepaar begründete Hoge Veluwe-Park suspekt. Stichwort – Großindustrieller kauft Land auf… Krupp fällt mir da ein. Ach, diese Wohltäter… Aber das Paar hat wirklich viel gegeben. Es war uns am Ende auch ohne Van Gogh (Museum wie zuhause: Montags geschlossen) zweimal den Eintritt von 26 Euro wert. Erst, um den den schönen Nationalparkwald erkunden, dann entdeckten wir noch das Museum „Museonder“ (montags geöffnet!). Hat uns total begeistert. Ein Museum der Tiefe und zum Mitmachen. Für Trackerinnen ein Highlight, aber auch Pat kam auf seine Kosten.

Sie erklären darin unter dem Lachen eines Grünspechts sehr eindrucksvoll, wie das Land über die Jahrhunderte hinweg sich veränderte und besiedelt wurde. Erzählen, dass der Veluwe Wald überhaupt nur da ist, weil der umherwehende Flugsand die Landwirtschaft zunichte machte und so zum einen die Leute zwang, woanders hinzugehen. Sie zum anderen dazu brachte, Bäume zu pflanzen.

Sehr schön dort etwa die mächtigen Geweihe von Ur- und Jetztzeit-Hirschen, oder auf Kindskopfgröße hochgezogenen Sandkörner, die die zwei Sorten Sand demonstrieren den es hier gibt: Flugsand aus der Eiszeit und von der Nordsee sowie Sande von Flüssen, die hier ihre Betten hatten, das Nordseekorn hell und rundgeschliffen, das Flusskorn eher kantig und mit Quarz.

Täglich kamen wir zurück zum Ankerpunkt Beek&Hei, dann hieß es: Gemüse schnippeln, Während Pat kochte, konnte ich abhängen. In meiner neuen Matte. Mega. Alle meine Ichs zu mir. Was macht der Typ dahinten? Ach. Wozu sich aufregen? Einfach hängen lassen. Sachte Schaukeln, den Kopf in den Kieferkronen, die Füße erst verträumt in den Falten, dann back zum Essenfassen auf dem Moosnadelteppich.

Als Nachtgeräusch im Zelt zwei absolute Gegenpole: Grandios der eine, ätzend der andere. Das Krasse zuerst: Gleich nebenan liegt militärisches Sperrgebiet. Auch auf den Touren haben wir es oft tangiert. War es wegen Market Garden? Der Luft-/Land-Operation der Aliierten, die entsetzlich viele junge Menschenleben kostete – und die Deutschen dennoch nicht von der Arnheimer Brücke vertrieb. Wir waren ausgerechnet zum Jahrestag da, auch der König übrigens, also richtig Trubel in der Gegend. Ein Thema, bei dem, man sich als Deutsche nicht unbedingt wohl fühlt. Es ging zwei Tage lang ab wie Feuerwerk. Vielleicht trainierten sie auch wegen Ukraine, und was sonst so los ist in der Welt. Wie auch immer, in einer Nacht brummten die Hubschrauber wie ausgerastete Wächterbienen über unseren Köpfen. Dann Schüsse, Ratatta, Rattatatata. In den anderen Nächten drumherum das Schöne: Brunftende Rothirsche. Ha! Andere buchen geführte Touren, um sie röhren zu hören – ich lag lässig Schlafsack.

Wir kommen auf jeden Fall wieder. Den Naturzeltplatz mit weniger Militär haben wir schon ausgeguckt. Und schließlich sogar am vorletzen Tag die lokale Bäckerei noch gefunden. OMG: Otterlotjes – so lecker! Dus… Tot Ziens!!!

Schreibe einen Kommentar