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In Strömen: Lebensräume – Flugrouten

 
Freitag, 9:30 kühl aber sonnig

„Hier riechts gar nicht nach Kirche“ – als wir Freitag die Bilder hängen, schnuppern die Ersten gleich rein. Tatsächlich, es riecht nach Druck, nach Farbe – aber – wie riecht Kirche? Die Sonne scheint, die Bilder hängen, die Knäuel für die Strickaktion liegen in Körben bereit und auch die gestrickten und gehäkelten Flugzeuge sind alle fertig, harren der Ausstellungseröffnung. Die wollenen Flieger werden symbolisch für die Flugbewegungen in der Region stehen und beim Strick-In einen ebenso symbolischen Deckel bekommen… So hatte ich’s mir vorgestellt: Wenn massenhaft aktionshungrige Menschen kommen, stricken wir erst den Deckel und dann der kleinen Kirche noch ein Lärmschutzband.


 

Sonntag: 15 Uhr Dauerregen

Aber – der Mensch denkt, die windige Windsbraut lenkt, und dann kam Sonntag. Kam alles anders. Es tritschelte, tratschte, schüttete, goss und floss. Sturzbäche waren die Gassen… Der Himmel hörte nicht auf, die Erde zu wässern. Ging auf alle über, aber nicht über uns allen auf. Jammern? Mitheulen? Die Versuchung war da, aber, wer erst mal nass ist, den kann wohl nichts mehr erschüttern. Also, besser: machen, improvisieren. Move, improve. Schließlich packte sogar Terry Keegan seine Conga ins regendichte Jacket und kam und gab uns den Takt.

Er spielte zum ersten Mal in einer Kirche. Am Tag zuvor hatte man uns auf dem Rheinland-Pfalz-Tag schon bedauert. Ausstellungseröffnung – draußen? Mitleidiges Lächeln von Wolfgang Weinrich, dem Chef der Lichtkirche: „Möge die Übung gelingen. Aber… also…wir haben das Konzert für Sonntagabend abgesagt.“ Ich wollte es nicht glauben – Und Terry? Schlagzeuger Thomas Heidenreich, ebenfrallsdort unterwegs, grinste breit – „Na, lasst ihn doch in der Kirche trommeln.“ Was? „Ich hab das schon oft gemacht und ich bin Protestant. Klar geht das. Das geht nicht nur, das ist richtig gut, das rockt!“ Eva Reiß, die Chefin der Offenbacher Kirche findet schließlich: „Es gibt keineen Ort, wo Gott nicht ist. Keinen Ort also, wo man nicht etwas Nettes machen darf.“ Wir sagen also nichts ab. Terry will diesen Satz in die Verfassung aufgenommen haben, und für die Wackeren, die kommen haben wir jede Menge Zeit. Terry sitzt, schließt die Augen, spricht mit dem Klangraum und fädelt nach innen.

 

Ebenso geschiehts mit dem Vernissagen-Café und den Strickerinnen: Wo, wie? Das spontanisieren klappt so gut, dass man es besser nicht hätte planen können. Aber diese kuriose Stricktechnik… Wie macht man das? Drei wussten schon, wie man aus Baumwollbändern, Stimmung macht, ließen sich dabei von der Trommel den Rhythmus geben und ruck zuck waren eine ganze Reihe Hände verbandelt. Erst wuchs eine Art Basketballschlauch, dann eine Art Spinnennetz und darin fingen wir die Haifische des Himmels und sperrten sie ein.

Das Witzige daran ist ja immer: erst sieht das Gewirke wie ein Gewürge aus, unscheinbar und roh – mit einem Mal aber wird es Zeichen. Reine Willenskraft, das Schlauchkleid in Schirmform zu bringen und reine Freude am Ende zu sehen, wie sich zusammenschmiegt, was die Hände gewoben haben. Der Fotograf der Rundschau steckt in Gummistiefeln und – haben wir ihn angesteckt? nimmt sich Zeit umkreist den Schirm und vertieft sich in unser Maschenwerk. Menschen, Maschen und Bilder und Texte wirken zusammen, kommen ins Gespräch, reisen im Gedanken mit dem Schwan in die Zukunft oder mit der Erinnerung in die Vergangenheit.


 

Wo ist dies Bild aufgenommen und was ist auf jenem zu sehen? Waren Sie an der Startbahn West? Fragt mich ein Mann, der denjenigen kennt, der damals den Polizisten erschossen hat. So ein Netter war das – was war damals geschehen? Aber nicht nur die Erinnerungen sollen angestoßen sein. Wir leben ja jetzt. Wer das Arboretum kennen lernen will und die neue Landebahn, die nehmen wir mit auf eine echte kleine Reise der Begegnungen rund um Rhein-Main. Bis zum 8.9. sind zwei Radtouren geplant Pat als alter Scout weiß die Wege. Anmelden geht hier: post ( at ) meiseundmeise.de.

Es ist schon ein besonderes Gefühl, die eigenen Bilder und Texte auszustellen und zu sehen, wie die Menschen damit umgehen. Dominik hat für uns zugeschaut. Alles seine Bilder heute. Alles hat er gesehen. Wie sie sich vor die Bilder stellen, die Texte nehmen, sich setzen und zu lesen beginnen – Zeit vergessen, nach innen reisen, in einer herzblauen Kirchbank.

 

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