Jahr: 2022

Warten auf das perfekte Bild
Naturfotograf Karsten Nitsch im Interview

Sylvia: Was machst du genau und warum? Karsten: Mir liegt sehr viel daran, den Menschen Natur nahe zu bringen und ihnen verständlich zu machen, dass sie sich als ein Teil dieser Natur sehen müssen. Was mir besonders aufgefallen ist, dass wir uns distanziert haben. Wenn wir über Natur reden, reden wir immer über irgendetwas da draußen. Etwas anderes. Wir haben Naturschutzgebiete, und sagen, Ach schau mal da, die schöne Natur… Dabei gehören wir dazu. Auf keinen Fall sehe ich mich als jemand, der Leute bespaßen will. Das wurde mir im Lockdown besonders klar. Da hat man uns gesagt, wir können nicht arbeiten, weil das in das Ressort Tourismus fällt. Okay: Die Leute kommen von überall her – das ist natürlich Tourismus. Doch, wenn ich mit den Leuten unterwegs bin, vermittle ich ihnen Wissen – und das läuft für mich unter Umweltbildung. Für mich ist das viel wichtiger, und es macht mir auch viel mehr Freude, wenn es in diese Richtung geht. Wenn wir etwa ein Naturschutzgebiet einrichten, tun wir das doch nicht für irgendetwas oder …

Dreitage

Ein Straßenwitz – auf dass wir weiter und weiterhin hinsehen, nicht abstumpfen (uns auch nicht gewöhnen an die Bilder des Kriegs). Schönes Beispiel für Spurenalterung auch. Vor drei Tagen wär sofort klar gewesen, was das Ding auf dem Asphalt mal war. Aber jetzt?? Nach dem ganz normalen Wahnsinnsverkehr auf einer Nebenstraße (rat run), auf der manche denken, es sei eine prima Abkürzung, sieht das, was es mal, nun recht eindimensional aus. Kleiner Hinweis, der sich aus Untiefen meines Hirns dazu meldete: … als ein Auto blitzeschnelle langsam um die Ecke fuhr. Drinnen saßen stehend Leute, schweigend ins Gepräch vertieft, als ein totgeschossner Hase auf ner Sandbank Schlittschuh lief. … Was isses?

Energie

Der schlaue Fuchs kauft Speiseöl, Raps oder Sonnenblume – egal, Hauptsache billig. Nur kein Diesel in den Tank. Wobei der Automobilclub ja abrät: Salatöl schädige den Motor. Pah! Der Schlaufuchs füllt seinen Wohnmobiltank und alle Kanister voll mit Speiseöl. Ältere Dieselmotoren sind unproblematisch, für neuere gibt’s Umrüstsätze, beim Finanzamt ein Formular – wo? Was? Pah! Der schlaue Fuchs muss jetzt nur noch schlauer sein als die anderen und Speiseölquellen finden. Supermärkte sind ausverkauft.   Seite an Seite, Blowing in the Wind, Joan Baez und Bob Dylan

Weiß wie Schnee, rot wie Blut

Es reißt Zerreißt mich was getan werden müsste? Könnte. Muss. Dieser San-Andreas-Graben der Gesellschaften, in den man schaut. Er will die ganze Ukraine. Himmel und Weizen. Aus Günther Grass‘ Briefwechsel mit Kenzaburo Oe aus der FR, Mai 1995 (Stichwort 50 Jahre nach Kriegsende): „Sobald ich von meinem Briefpapier aufblicke, sehe ich vom Fenster aus, wie der Monat Mai alle ihm möglichen Nuancen in Grün ausspielt, als wollte er mich an einen Frühling erinnern, dessen Heiterkeit keine Niederlage, keinen Befreiungsschmerz, weder Flüchtlingselend noch Trümmerberge eintrüben könnten…“ „Nur wenige Wochen lang wirkte der Durchhalteappell, dann folgte den deutschen und japanischen Kriegsverbrechen ein amerikanisches: Zwei Atombomben fielen und veränderten die Welt. Seitdem ist unser Denken und Handeln nuklear verseucht. Seitdem ist die Menschheit fähig, sich selbst zu vernichten.“ Aus Oxana Matychuks Ukraine Tagebuch aus der SZ, 23.3.22 (Stichwort Kapitulation): „Ich würde lieber auch daran glauben wollen, dass ein Sich-Ergeben dem Grauen ein Ende setzen würde. Dieser Krieg reicht in Wirklichkeit nicht in die 1990er-Jahre, sondern ins Jahr 1654 und noch weiter zurück. Stellen sich diejenigen, die uns gut …