Alle Artikel mit dem Schlagwort: Frankfurt

Graffiti gegen Fremdenhass

Jogger machen Selfies, Spaziergänger können den Blick nicht wenden, Mütter und Väter, die kinderwagenschiebend am Main flanieren, stoppen für ein Handyfoto – das neue Graffiti an der Frankfurter Osthafenmole (hier das vorherige) ist schon von weitem sichtbar und lässt niemanden kalt. Zu bekannt ist das Bild des ertrunkenen Flüchtlingskinds Aylan, das die Vorlage war. Nach dem Interview, das die beiden Frankfurter Graffiti-Künstler Justus Becker alias COR und Oğuz Şen alias Bobby Borderline der Hessenschau gegeben haben, war genau das ihr Ziel: die Menschen zu bewegen und dazu beizutragen, dass das Elend der Flüchtlinge nicht vergessen wird. Die Hafeninsel habe sich angeboten, weil sie vom Wasser umspült an die türkische Küste erinnert – und genau gegenüber der EZB gelegen ist, die somit sehr passend das eingeigelte Europa vertritt. Cor hält es für wichtig, das Bild genau „hierherzubringen, weil es die Leute erst interessiert, wenn es vor ihrer Haustür passiert.“ Es gab einen medialen Wirbel vor einem halben Jahr: Darf man dieses Foto zeigen? Muss man? Manche haben sich um die Antwort gedrückt und den Jungen verpixelt. …

Posh Blitz! Ausstellung GDT 2014

  Gleich das erste Bild, auf das ich zusteuere, bleibt mein Favorit: Halsbandsittiche über einem Londoner Friedhof. „Posh pidgeons – schicke Tauben“ lautet der Titel. Posh, weil sie für die Londoner Normalo-Vogelwelt überirdisch grün sind; Pigdeons, weil sie in dieser Gegend Englands mittlerweile so zahlreich sind wie Tauben, erklärt Fotograf Sam Hobson. Er hat ihnen nachrecherchiert, die abendlichen Flugroute zu ihren Schlafplätzen entdeckt. Gewartet – und märchenhaft geblitzt! In diesem GDT-Ausstellungs-Jahr wurden viele märchenhafte Unschärfe-Bilder ausgezeichnet. Manchmal nur Schemen, die den Bewegungsmoment ans Herz funken. Wie jedes Jahr finde ich den Ausstellungsort genial. Die Bahnhofspassanten betreten geradezu magisch angezogen das Schaukästen-Karree. Natürlich zücken sie die Handys: ich war hier! Etwa beim Bärenbild, wo ein Eisbär durch eine Öffnung in der Schiffswand schaut. Eine fotografiert, die Zeitung untern Arm geklemmt und nimmt die Gepardin mit, die eine Gazelle jagt. Über uns riesige i-Phone-Foto-Werbebanner. Solche Bilder sind hier unten in der GDT-Welt kein Thema. Hängengeblieben sind mir: die Eule im Dunkel; der kleine (Schmetterlings)Fuchs in der Kirche: das Schneckenauge, umgeben von traumhaft schönen Lichtreflexen; dass laichende Korallenriff …

5785 Hektar for 13. Schömberger Fotoherbst!

Mit unserer Serie „5785 Hektar – Stadtwald Frankfurt“ sind wir beim 13. Schömberger Fotoherbst, dem Internationalen Festival für serielle Reise- und Reportagefotografie. Schwarzwald wir kommen! (9. Oktober bis 8. November 2015)   Barfuß auf der Borke, bäuchlings im Farn oder mit dem Tele wartend im Gebüsch: wir haben ein besonders enges Verhältnis zum Frankfurter Stadtwald. Seit 25 Jahren erkunden wir fast täglich das Grün vor unserer Haustür zu Fuß oder mit dem Rad. Erleben ihn immer wieder anders, entdecken Unbekanntes – oder genießen das Ritual der Wiederholung auf bekannten Wegen. Für manchen Städter dagegen ist schon ein Reh ein exotisches Wesen, ihm ist der Naherholungsforst ferner als der malaiische Regenwald, in dem er vorgestern noch über eine Hängebrücke lief… Diese fortschreitende Entfremdung bewegte uns dazu, unser Langzeitprojekt zur Serie „5785 Hektar – Stadtwald“ zu bündeln. Der stadtnahe Wald fasziniert uns, weil er so viele Facetten birgt. Trotz der starken Nutzung und der Geringschätzung, die manche nur für ihn übrig haben, erfüllt er tagtäglich zahlreiche Funktionen: ist Luftfilter, Wasserreservoir, Lärmschutz, Erholungsgebiet – Kultur- und Lebensraum zugleich. …

Aus name zustand: 17.000 friedliche Protester!

  Feuer und Gewalt! Morgens um 7 ist die Welt schon angeraucht. Eine halbe Stunde nachdem der erste Heli übers Haus geknattert ist, laufen die ersten Meldungen über Twitter. Wie? Brennende Autos und Barrikaden? „Shit! Keine Gewalt!“ Bittet @Muschelschloß auf twitter. Ja, Scheiße. Bleibt aber Ausreißer von immerhin 1000 Hool-Köpfen, die für Randale gekommen sind. Da hat Frankfurt schon anderes erlebt, selbst wenn jetzt alle Medien schnappatmen. Und das heftigst, untermalt von den feurigsten Szenen und Fotos von den steinewerfendsten Schwarzer Block-upyern. Vom Machtdemonstrations- oder Self fulfilling Prophecy-Charakter des „Schutzkonzepts“, das unsere Stadt schon seit Montag in eine Festung verwandelt hat – nichts. Vom Ausschluss der Presse bei der Eröffnungsfeier – nichts. Nicht die Demonstranten haben die Innenstadt wegen Brandschatzens und Marodierens lahmgelegt, wie man angesichts der Berichterstattung denken könnte, sondern die großzügige Absperrung der Innenstadt durch die Polizei. Ausreißer hin oder her, der Morgen war krass. Autos haben gebrannt, es gibt diverse Scherben, Emotionen, Feindbilder aufzukehren. Und wieder zeigte sich, dass Streitkultur fehlt, dass Konflikte vor allem eins auslösen: Angst. Traditionell wurde also nach …

Urban Poetry: Uns

  Uns Die Frühe. Die Straße. Nur uns. Der Nachbarin, die zur Schicht eilt, der Schlaflosen, dem Zeitungsmann, vermummten Radlern, Bauarbeitern – uns. Die Bahnen ihr, der dicken Schwimmerin. Die im allmorgendlichen Ritualbad sich treiben lässt. Ihr Glück für eine Viertelstunde la Reine, la Delphine! Nur Sie. Textor zum Tag. Leicht, unbeglotzt, frei. Die Fenster. Im Atem der Fremden. Himmel löst Welt. Löscht Nacht. Im Nebel dunkler denn je. Die Straße der Frühe. Uns      

Urban Landscapes: Fünf

  Fünf Gott was für ein Licht! Leitfeuer. Leuchtspur. Gepunktet. O Glück! Die Kreuzung so still so tief – nebelzart im Eishauch 2 Stunden noch dann wieder Stoß und Stoß Rot und Rot. Warten. Warten. Warten. Minority Report War da was? Gestern? Nacht im Kopf – Coffee to go Voll heiß. Voll kalt – Slow-Mo Warte. Noch ist Zeit. Vereist die Bühne. Traumkalt, leer zerwischt Orangnes Leuchten Urban stills Memes all over Guck. Die im Fenster wie aufgezogen Steht. Kaffee. Schicht Dreht im eignen Rhythmus, wie nie von dieser Welt. Sortiert, ordnet, häuft Brezel und Brötlich ne andre matscht im Nudelsalat schabt, formt, pampt so fort 2 Brücken weiter Schlag auf Schlag. Ein Riese Boden bebt Metall blaut rammt – tief ins Stadtherz – rafft Main-Erde rasselt, rummst, rockt schlägt ab häuft das Gebrock, dampft und schnauft neongelb die Arbeiter kurz angezuckt vom Blau der Retter …vorbei… Mögen ihre Hände ruhig sein