Autor: Sylvia
Gegen die Entzauberung
Weihnachten. Weihnachten begann bei uns immer mit der Krippe im Wald. Jedes Jahr schon die Vorfreude, wenn in der Nähe der Hütte am Kesselbruchweiher die Baumstämme sich zu bewegen schienen. Wenn Zunderschwämme, Farne und Hölzer zusammenrückten. Dann: Zum Ersten Advent, spätestens Nikolaus, wandelten sich die ersten Stämme in Ochs und Esel, mit Futterkrippe davor. Mit jedem weiteren Adventssonntag kam etwas hinzu: Engel, Maria und Josef, der Heiligen-Zunderschwamm fürs Kind ins Stroh. Ein Ritual: Wir drehten unsere Weihnachtsrunde. Zu Fuß mit meiner Mutter, wir mit dem Fahrrad. Hängten wie andere Wald- und Krippenbesucher Dankeskärtchen auf. Die Krippe wurde umgeworfen, das Jesuskind geraubt, doch der italienische Krippenbauer Gaetano hat immer wieder losgelegt. Viele, viele, viele Jahre. Bis letzes Jahr er als Krippenbauer in Rente ging. Sich verabschiedete. Aber dann: Eine Familie übernahm – wie schön! – und baute eine Waldkrippe. Aber dieses Jahr nichts. Kein Zusammenrücken, keine Vorfreude, kein Weihnachtskrippenwunder. Vorbei. Die Zeit, sie ist entzaubert. Ist sie? Fragt unser Sohn, Muss nicht jeder selbst seinen Zauber einbringen? Ich schau neu auf die Feuerstelle. Eine Einladung. Zum …
Thinktank #2
„Was manche Fotos unwiderstehlich macht, ist die Idee des Wirklichen.“ Cees Nooteboom
Russland und die Ukraine
Am Schluss Ihres Vortrags fordert Gabriele Krone-Schmalz dazu auf, kontrovers aber respektvoll zu streiten. In seiner Unaufgeregtheit und Argumentationskraft immer noch sehenswert für alle, die sich wünschen, dass ein sofortiger Waffenstillstand ausgehandelt wird und endlich das Sterben von täglich rund 1000 ukrainischen und russischen Menschen endet. Respekt für die Reutlinger VHS, diesen Vortrag ermöglicht zu haben. Trotzdem sie vorher aufgefordert wurde, Krone-Schmalz wieder auszuladen, und danach von einem „Sturm medialen Interesses“ überrollt wurde. Am 14.12. spricht Gabriele Krone-Schmalz im RNZ-Forum im Heidelberger Theater mit dem Chefredakteur der Rhein-Neckar-Zeitung Klaus Welzel
Thinktank #1
„Wenn es ein Schicksal gibt, dann ist Freiheit nicht möglich. Wenn es aber Freiheit gibt, dann gibt es kein Schicksal, das heißt also… wir sind selbst das Schicksal.“ Imre Kertész
Mastjahr
Überlebensfluss Des Anglers Zelt ein Schild: Bleibt weg. Hinterm Weg beginnts Jäger- und Wildschweinland Wo im Frühjahr erst Wasser stand, dann Eis Jetzt Wurzeln, Pilzduft, Erde und Bein schieb mich durchs Laub, halte ein ewig rauscht das Autoband Zu Füßen starren Zähne mich an. Wasser ging. Ließ zurück den Ballast Anthropozäne Mitschwemmsel Auswurf, unrottbar Der Fluss im Mittelbett, am Rand eine tanzende Kugel Schaum des Autags: Defrown! Sieh: die Biberrutschen, angenagte Buchen, und wie das Mastjahr nährt Eicheln zuhauf Sogar Pilze werfen Arme aus tasten Licht und Laub und träumen von Netzen so rot.
2:1 für Frankfurt
KiR fifteen – Kunstwettbewerb Spuren
Na klar wollte ich da mitmachen: Das Thema des wahrscheinlich letzten Kunst-Wettbewerbs in Rödermark lautete Spuren! Dachte natürlich sofort an Tierspuren. Und Pat an ein Bild (nicht nur ein „Beweisfoto“!). So ist das Bild „Crossroad entstanden: Sehe ich Tierspuren, geht mir das Herz auf. Jede voller Leben, auch wenn der Verursacher nicht mehr zu sehen ist. Jede eine Geschichte, die gelesen werden kann. Besonders finde ich immer, wenn sich Trittspuren von verschiedenen Tierarten kreuzen, wie auf dem eingereichten Bild. Als spüre man noch deren Präsenz, obwohl sie nicht mehr da sind. Mit ihren Fußabdrücken hinterlassen sie eine Visitenkarte, die Essenz ihres Wesens. Das wollte ich dem Spuren-Bild mitgeben. Es sollte geerdet sein im Wortsinn. Schon lange hatte ich vor, aus Erde Farbe zu machen. Seit drei Jahren sitzt in meinem Experimentier-Schrank eine Schachtel mit Erde – und wartet auf ihren Einsatz. Gesammelt an meinem Lieblingsplatz im Stadtwald. Ich wusste noch vage, dass man Kleister braucht, um Farbe aus Erde zu machen. Hatte ich damals auch schon gekauft, aber wieder vergessen. Ich durchforstete das Internet und …
Pause am Hub
Rot und Weiß Wie Film. Rauschen und Schwenk und Kipp ins Unscharfe. Cut Regen. Nebel. Wut. Rot und weiß, weil die weil es Gewalt gibt, nur weil man es kann und die Macht besitzt und nur im Film, nur 700 Meilen westwärts einer wie Sam da wäre, der dem, der es macht nur weil er es kann, und Oberwasser hat, dem mit purer Faust ins Gesicht weil er es kann, das zu Tode geschundene Pferd allein in der Wüste begraben lässt, weil und diesen knechtet ohne Gnade, stellvertretend für alle. Alle Mensch- und Tierschinder dieser Welt. Zur Raison. Nicht noch einmal, Sam. Bevor ich erneut ansehe, was es sonst nicht gibt, was ich nicht fassen kann, Unterwasser schluckend, gewürgt vom Schaukeln der Kette Gewalt. Brennend aus tausend Bildern zeitlos, heillos im Massenfuror beinharter Schläge Opfer fallen, blutend in Wehen der Himmel die Wolken für immer bleiweiß und aschgrau. Aber dann, als dränge von innen nach außen DAS Bild. Mehr Schwarz – für Kontur Mehr Rot – die Pulsspur. Die Schranke steht, die Farben matt, schaukelnde …
Wie… So nah?
Visual Notes von zwei Wochenenden im 40-Kilometer-Umkreis von FFM. Ohne Stress, ohne Flughafenseelsorge.

