Sieben Jahre her, mein erstes Bild auf Insta: Schneckenbaby auf Finger. Mein Finger. Ohne Hash ohne Tag. Wusste ich noch nix von. Auch nicht, dass, wie oder warum man Follower sammelt.
Irgendwann kapierte ich und klinkte mich ein: #25bluehours #streetphotography #ifyouleave #myfeatureshoot #rebelsnature #saveourplanet #takemagazine #lucecurated #makeseemag #minimal #streethoney #thisaintartschool #mindtheminimal #kinfolk #paperjournal #onbooooooom #visualsgang….
Alles, damit Bilder gesehen werden. Bewundert, geteilt, gefeatured und gelikt. Und so ne Taschengalerie hat schon Charme. Verführerischer Zeitvertreib das. Und so wird ein Geschäft draus. Nicht meins. Bin eher für l’art pur l’art. Echt cool aber, und das hat mich lange gehalten, war dieses Weltgefühl. Kommentare und Austausch mit Menschen aus Venezuela oder Kalifornien, Schottland, den Niederlanden – oder … Stadtallendorf. Brüder und Schwester-Ansichten einer visuellen Welt, ach wie schön (wär das). Letztlich gehört man ja nirgends dazu, es sei denn man kommuniziert vor allem mit der eigenen Peergroup. Also alles wie immer als Journalistin.
Aber nochmal zurückgespult. Da war vor allem Neugier: Wie ticken die anderen? Was sehen sie, was heben sie heraus? Impliziert ja auch Nachdenken. Was will ich? Ihnen zeigen? Was will ich sehen? Denn: Insta kann auch Newskanal. Bei Weltereignissen sah man sofort, wie in anderen Teilen der Welt darauf reagiert wurde. Trumpismus, I can’t breathe… Hat mich sehr berührt, wenn da jemand plötzlich einen ellenlangen Post zu einem Bild ablieferte, voller echter Gedanken und Gefühle.
Ich folgte Stephen Shore oder Martin Parr ebenso wie Freunden und Fährtenlesern oder Margret Atwood. Wie Trampen war das. Man teilte ein Stück des Wegs und schaute einander über die Schulter. Bildverliebt habe ich mich da manchmal, etwa in die Blauwelt von @pamhubbard, die Roadmovieblicke von @theotherhelenkim oder Fährtenleserfunde von @trackerowl. Britischen Humor gabs immer frisch bei @themanwhostaresatbadgers. Bester Name ever. Das Allerbeste aber waren seine abgefahrenen Texte. Der hier zum Beispiel:
On dealing with the hullabaloo flu.
Whether standing in a queue
Or visiting the capital of a country like Peru.
What did you do?
I hope no clandestine rendezvous.
Just added some fatty tissue.
Or maybe a paddle in your canoe.
Achieved an ambition and learned to play the kazoo
Or rid your shower of all the mildew.
Made clear to all your point of view.
Any who’d listen got a talking to.
After you became a self styled health guru.
Don’t worry we’re told, they’ll be a breakthrough.
With luck before we start sniffing glue.
The truth being told, no one knows what to do
About this hullabaloo flu.
Should’ve kept the lid on Pandora’s box
And gone to meet a little Fox.
Weiß nicht mehr genau, aber irgendeinen „So-cool-man“-Spruch habe ich sicher dagelassen. Hat er mich doch wunderbarst aus der Corona-Vereisung gestarrt. Danke! Danke und Daumen hoch. Hatte übrigens nie nachgeschaut, was Mister Badger sonst so macht. So groß ist die Insta-Aufmerksamkeitsspanne ja nicht. Aber jetzt, wo Zeit ist, und Schreibfokus… Also, im profanen Leben betreibt er eine Online-Plattform, über die jedermensch seine eigenen oder anderer Leute Bilder auf irgendeinen Gegenstand – Handyhülle, Lampe sowas – drucken lassen kann, und so ein unikates Lifestyle-Produkt erhält. Zeitgemäß. Geschäftsidee. Womöglich einbringlicher als eine Fotoagentur?
Irgendwo gabs ne Statistik, die irgendwann sagte, ich würde mich täglich 15 Minuten mit Insta beschäftigen. Olala. Aber, klar – Nachgucken, wer was gepostet hat. Ob jemand einen Kommentar ab- oder Herzchen dagelassen hat. Öhm. It’s only .. Life, you spend, singt Patty Smith.
Am meisten Zeit haben mich Auswahl, Bearbeitung und Umwandlung meiner eigenen Bilder gekostet. Und nochmal soviel, um gute Bildüberschriften zu finden. Etwa sowas: „Plastic free surface“. Meine beste, für den Försterwiesenweiher, in dem sich der Himmel spiegelte. Und dann mussten noch passenden Hashtags dazu…
Ist gut jetzt. Alles auf Null. Aber verrückt: Erst lassen sie einen nicht raus, dann nicht wieder rein. Im Profil gibt es keine Möglichkeit, den Account zu löschen. Geht nur um drei Ecken. Ich nutzte den Link einer IT-Site. Und wurde gewarnt: Vier Wochen hast du Bedenkzeit, danach wird alles un-wider-ruf-lich gelöscht. Alla gut. Warten wir’s ab, dachte ich. Als ich aber vor Ablauf der Frist noch mal gucken wollte, ob ich’s rückgängig mache, war der Account schon nicht mehr aufrufbar. Okeh. Aber, he: Reduzieren ist immer gut. Zumal Insta sein Lametta längst verloren hat und nun Facebook gehört. Weswegen man als Social-Media-Addict fast alles doppelt sieht. Wisch und ade. Deckel auf die Box. Sing das Hullabaloo, Schneckenbaby: Die Insta-Zeit, sie ist um.