Fotografie
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Hey JOBO, mach mal Sonne!


 

Praxisbericht zum Artisan Platinum Printer von JOBO (Keine Werbung, das Gerät haben wir selbst bezahlt).

Ein halbes Jahr überlegen wir hin und her: lohnt sich die Anschaffung – ja? -nein? Pat tendiert zu ja, sofern wir weiter Bilder mit analogen Techniken erstellen wollen. Ich zu nein. Wozu brauch ich so ein Teil für nicht gerade kleines Geld, wenn ich wunderbar mit der kostenlosen Sonne arbeiten kann? Brennt sie im Sommer doch mehr als man vertragen kann. So what?!

So. What: Ich änderte meine Meinung, denn bei unserer Cyanotypie-Serie Save our Souls war Pat derjenige, der für die Ausgangsnegative und Abschluss-Scans sorgte, ich hingegen bepinselte die Papiere mit Emulsion und flitzte mit Handy und Pats Konfirmations-Stoppuhr zwischen Belichtungsbank und Entwicklerschalen hin und her. Jedenfalls, bis kurz vor Abschluss der Serie die Wolken kamen.
Prinzipiell ist das Cyanotypie-Verfahren ja simpel – Papier mit Emulsion lichtempfindlich machen, der Sonne aussetzen, und erst in einem Säure-, dann einem Wasserstoffperoxidbad entwickeln. Birgt jedoch reichlich Arbeit und ebenso reichlichen Zeitaufwand. Unter anderem, weil man bei unterschiedlicher Sonnenintensität je nach Uhr- und Jahreszeit oder unterschiedlich dichten Negativen die optimale Belichtungs- und Entwicklungszeit erfühlen muss. Die ersten Cyanos für Save our Soals entstanden auf dem Balkon und im Badezimmer. Was die eine zwar recht hektisch, aber dem Verfahren als am angemessensten empfand, war dem anderen zu unberechenbar.

Ohne Deadline kann man sich die besten Bedingungen aussuchen: Im Hochsommer bei ungetrübtem Sonnenschein, vorzugsweise auf dem Land, und so viel Zeit mit einer Serie verbringen wie man Lust hat. Doch mit Deadline oder Zeitbeschränkung aus anderen Gründen ist schnell Schluss mit sonnenlustig. In diesem Fall sah das so aus: Ich war ich fast fertig, als die Sonne wegblieb – und ich zudem merkte, dass ich ganze Sets neu erstellen musste, damit am Ende alle Bilder die gleiche Qualität hatten.


 

Kurz: Wir kauften den UV-Belichter, und es hat sich gelohnt. Geniales Teil: Schublade auf, Kontaktkopierer rein – Schublade zu, LED-Sonne an – fertig. Gut, ein wenig Gefrickel mit den Zeiten gab es auch noch: sieben, fünf oder doch nur drei Minuten? Das aber ist ja mit der Sonne genauso. Hat man die Zeit einmal raus, ist das Arbeiten ein einziger Flow. Während man im Tageslauf immer mitberechnen muss, dass die Kelvinzahl des Lichts sich verändert, kann man in der recht einfach wirkenden Metallkiste ein Bild nach dem anderen belichten. Immer dasselbe Licht, immer dieselbe Zeit = Reproduzierbares Ergebnis. Daraus ergibt sich das zweite fette Plus. Denn: so wirkt eine Serie wie aus einem Guss. Naturwissenschaftlerin und Cyano-Pionierin Anna Atkins wäre begeistert gewesen. So wie wir.

Was da eigentlich entstanden ist? Unser Projekt: Blue Note / „Save our Souls“ superkurz erklärt: Hinschauen, statt deprimiert wegdrücken, was die Ergebnisse der Artenmonitorings wieder und wieder belegen: den millionenfachen Tod von Einzeltieren, das Aussterben ganzer Arten – und letztlich die Bedrohung des menschlichen Überlebens. Mit neun Tableaus á je 12 Bildern von Vögeln, Insekten, Säugetieren, Amphibien, Reptilien, Schnecken, Bäumen und Urpflanzen in verschiedenen Lebensphasen wollen wir auf den immensen Verlust des Planeten durch das Artensterben aufmerksam machen. (Mehr zur Serie sowie die Bilder selbst in der Februar-Ausgabe des Naturfoto-Magazins.)


 
 
 

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