Alle Artikel mit dem Schlagwort: Fotografie

7 x Prekäres – 6. Fotofestival MA/LU/HD

  Sieben prekäre Themenklammern oder –felder hat sich das 6. Fotofestival vorgenommen – und wer wie wir sich den Klassiker leistet, sich in Mannheim im Quadrat zu verirren, ist gut eingestimmt. Auf Bilder, die nicht im alltäglichen Bilderstrom schwimmen. Die aus der sicheren Zone scheren, wie sie uns hier im mittleren Teil Deutschland umgibt. Wir ziehen mit P7.3 die Karte Urbanismus und Real Estate, ausgestellt im Zephyr – Raum für Fotografie. Daraus hier nur drei der vielen Eindrücke: „Provisional Landscapes“ lautet der Titel von Ai Wei Weis Arbeit. Seine auf Tapete gedruckten (und an eine Wand geklebten) Doku-Fotos zeigen Ausschnitte des Neu- und Umbaus von Peking. Der Beizettel erläutert, dass dort alles Land dem chinesischen Staat gehört, der damit nach Gutdünken verfahren und ganze Dörfer niederwalzen, oder Gebäude-Ensembles hochziehen kann – ohne Rücksicht auf alte Traditionen oder Kulturgüter. Letztlich geht es um Brüche, Heimat, Kultur, Macht und Verlust. Auf den Bildern habe ich das allerdings so nicht gefunden. Nur die für unser Auge exotisch-riesigen Brachen und Neubauklötze, nicht aber die Zwischentöne, die der Text von …

Helden der Straße – Frankfurt Street Art

  Freu mich jedes Mal über das Schloss mit der Feder, wenn ich es sehe, oder die Katze am Bahndamm, das Geisterhaus in Bornheim oder die Loopin Mädchen am Main und in der Stadt. Auch „Denk“ lese ich immer wieder gerne. Schon lange. Ausnahme Gewächshäuser in Oberrad. Nicht weil es nicht auch da reichlich cool aussähe, sondern weil ich denke, das ist nun wirklich blöd für die Gärtner und deren Pflanzen. Wo, wie, durch wen auch immer – in jedem Fall haben wir hier in Frankfurt eine abwechslungsreiche Ausstellung in progress. Vom reinem Provogekritzel über agressives Machogemarke mit Dosenpisse über atemberaubend poetische Murals bis hin zu verspielt-nachdenklichen Kopf- und Fußnoten. Mir gefällt die Raumnahme, das „Hey! Unsere Stadt!“ Was wären wir ohne sie?   Außerdem ist‘s kommunikativ. Sprechende Wände zum einen, weil mir ja jemand was mitteilt, – aufwändig als Szenen gesprüht, zu Schablonenkunst (Stencils) stilisiert oder noch aufwändiger als Aufkleber – Paste-ups produziert. Kaum ist es da, ruft es sogar im hintersten Hof noch Reaktion hervor und sei es, dass eine Papierecke heruntergezogen und …

5785 Hektar for 13. Schömberger Fotoherbst!

Mit unserer Serie „5785 Hektar – Stadtwald Frankfurt“ sind wir beim 13. Schömberger Fotoherbst, dem Internationalen Festival für serielle Reise- und Reportagefotografie. Schwarzwald wir kommen! (9. Oktober bis 8. November 2015)   Barfuß auf der Borke, bäuchlings im Farn oder mit dem Tele wartend im Gebüsch: wir haben ein besonders enges Verhältnis zum Frankfurter Stadtwald. Seit 25 Jahren erkunden wir fast täglich das Grün vor unserer Haustür zu Fuß oder mit dem Rad. Erleben ihn immer wieder anders, entdecken Unbekanntes – oder genießen das Ritual der Wiederholung auf bekannten Wegen. Für manchen Städter dagegen ist schon ein Reh ein exotisches Wesen, ihm ist der Naherholungsforst ferner als der malaiische Regenwald, in dem er vorgestern noch über eine Hängebrücke lief… Diese fortschreitende Entfremdung bewegte uns dazu, unser Langzeitprojekt zur Serie „5785 Hektar – Stadtwald“ zu bündeln. Der stadtnahe Wald fasziniert uns, weil er so viele Facetten birgt. Trotz der starken Nutzung und der Geringschätzung, die manche nur für ihn übrig haben, erfüllt er tagtäglich zahlreiche Funktionen: ist Luftfilter, Wasserreservoir, Lärmschutz, Erholungsgebiet – Kultur- und Lebensraum zugleich. …

Wiesbadener Fototage 2015: HeimatX

Bleib! Schau. Mich an. Wenn Bilder so zu mir sprechen, selbst wenn sie „Wurschtbud“ sagen, haben sie mich am Haken. Drei Serien gibt es bei den diesjährigen Wiesbadener Fototagen, bei denen ich blieb und schaute: „Wester World“ von Eckart Bartnik (darunter das Foto mit der Wurschtbud), „Breeda en Sestre – Brüder und Schwestern“ von Mika Sperling und „Empty Spaces“ von Katerina Belkina – außerdem mochte ich die Montagen von Brice Bourdet. Vielleicht, weil ich derzeit selbst gern mit Überblendungen arbeite. Gibt ja Leute, die das Gebastel nennen. Ficht. Mich nicht an. Doch, bevor ich erzähle, was wir in den vier von fünf Ausstellungshäusern gesehen haben, noch mal eben auf Los. Ich zitiere aus der Ausschreibung des Wettbewerbs, denn er passt gerade zu gut. Es gab zwei Leitplanken, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – hier der „Europäische Ansatz“. So wie gerade die europäische Idee an ihrem Geburtsort vergewaltigt wird, lohnt es sich unbedingt diesen Part nochmal zu lesen: „Die Europäische Union wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern lediglich als Wirtschafts- und Verwaltungsraum wahrgenommen. Je mehr dieser …

endlich / unendlich – Brita Kunstpreis 2015

  Ein Kulturschock. Die Bilder dieser Ausstellung heischen, kreischen, knallen nicht. Aber sie sind packend präsent. Dicht und tiefenscharf. Beredte Bilderstatements, wie ich sie im normalen Wust der Anschläge oder den Medienangeboten fast nie wahrnehme. Ausgezeichnet mit dem Brita Kunstpreis 2015, Leitthema Nachhaltigkeit. Feuer Die Islandserie zeht uns rein. Ein Bild trägt den coolen Titel „Elfen und Kapitalismus“. Fotografiert hat Martin Sigmund „nach der Wirtschaftskrise“ monumentale Natur, gespickt mit Menschlein. Schön, und doch: die Exotik Islands, so scheint mir, reicht bereits für ein Skandic-Feeling. So wie die Weite der nordamerikanischen Gegend für ein Roadmovie (ausfotografiert und ausgekrimit). Wasser Ganz anders die Seestücke von Wulf Winckelmann: Meer. Himmel, Wellen, nichts weiter. Und unterschiedlich groß. In der Hängung sind sie verbunden durch die Linie des Horizonts. Himmel also, Meer, Niemand. Der Blick in den Beipackzettel verrät: erst fotografiert, dann abgemalt, dann das Abgemalte wieder fotografiert. Zum Beispiel den „Pazifik vor Fukushima“. Surreal. Sieht man das wirklich? Oder ist‘s wie bei optischen Täuschungen – wenn du es einmal weißt, wirst du die Kipp-Bilder nie mehr los, wird dein …

Großartig: Die besten Naturfotografien Europas

  Richtige Bilder. Frei von Kitsch oder Ichzeigdirwasknipserei, geladen mit jener wunderbaren Intensität, die Blicke anzieht. Wieder und wieder hält jemand inne und betritt das graue Karree der Stellwände. Sie zeigen die Siegerfotos der „Europäischen Naturfotografen des Jahres“ – dem jährlichen Wettbewerb der GDT. Die Menschen stolpern geradezu über diese Bilder, denn sie fallen erst beim zweiten, dritten Hinschauen auf. Eben noch schaute das Pärchen mit den Rollkoffern auf die Anzeigentafel: wann fährt mein Zug? Pünktlich? Plötzlich stehen die Rädchen still, die beiden staunen, lassen den typischen Lassmich-in-Ruh-Ausdruck, den Bahnhofsblick fahren, und sind ganz offenbar berührt. Hier!? Mitten im Trubel passiert, was durch sinkendes I-Stock-Bildniveau immer seltener gelingt: intensive Kommunikation zwischen Bild und Betrachter. Die Jury markiert diese Eigenschaft in dem einfach aber ansprechend gemachten Katalog als absolutes Auswahlkriterium für Siegerfotos. Zwischen Fastfoodangeboten, Werbegeflatter und allgemeinem Menschengewusel wirkt die Ausstellung wie ein ruhender Pol. Eine eigene Welt, die hier in Frankfurt sehr dicht in das kleine Aktionskarree gepasst wurde (an Ostern hockte da noch ein überdimensionaler, aufgeblasener Hase). Die Fotos überraschen mit besonderen Perspektiven, sind …