Alle Artikel in: Tagebuch

Bauern-Buy-out

  Leben wir nicht in wunderbaren Zeiten?! Kinder – alles ist möglich! Also, wir können reisen, auch wenn wir nicht in den gebrauchten Bundesländern leben, wir können essen so viel und billig wir wollen. Frauen können sich entscheiden – Teilzeitmutter, Kanzlerin oder sogar Aufsichtsrätin in einer Bank, hofft Viviane Reding. Monsanto kann sich ein Schweineschnitzel patentieren lassen – und jetzt gelten sogar Schimpansen als Erfindung des Menschen. Irre. „Versklavung des Lebens auf der Welt“ nennt Vandana Shiva so was wie Urheberrecht auf Saatgut, Eizellen oder Schimpansen mit Insekten-Gen. Gerade hab ich über die indische Physikerin, Aktivistin und die Trägerin des alternativen Nobelpreises 1993 und ihre Kampagne „Befreit das Saatgut“ geschrieben – und dabei fiel auf, dass Sortenschutz oder Patentrecht auf Organismen (Tier, Pflanze, Einzeller) ebenso kompliziert sind wie das Urheberrecht bei Künstlern, Fotografen, Autoren. Wer darf eine Kartoffel aus welchem Samen ziehen? Wem gehört die Kartoffel dann? Und wem das Rösti, das daraus gemacht wird? Sortenschutz heißt, wenn M. Santo eine Kartoffel gezüchtet hat, müssen die Bauern, die sie pflanzen, ihm Geld dafür bezahlen – …

Kalter Entzug – Was alles fehlt

  Ein letztes Aufbäumen, jetzt hängen sie am Boden. Kabel wie zertretne Schlangen ohne Saft: mein Computer ist tot. Finger tippen ins Leere, Facebook kennt mich nicht mehr. Die Nebenstelle meines Gehirns, Speicherort aller Pass- und Notizworte, abgeraucht. Mit ihm ins ewige digitale Rauschen entschwand auch die Transcription-Software meines Aufnahmegeräts. Dass ich das jüngste Interview jetzt doch gleich, und dabei komfortabler als je abschreiben kann, verdanke ich der netten Presse-Crew des Gerätehändlers O. und kurzfristigem Asyl auf dem PC des Fotografen P. Auch fort: Rosita! Abgeholt bei Nacht und Nebel – oder während mein PC ein letztes Mal runterfuhr. Zurückgeholt von der Agentur des Künstlers, nachdem wieder Platz war für schweres Stahlstemm-Gerät; nachdem das ganze Buchmessenvolk mitsamt Brillen, Rollkoffern, und Hotelschiffen Messe und Main geräumt hatte. Abgereist all die Tausenden von Zwangslesern, die vor einer Woche noch die acht Mega-Großraumbüros der Messe bevölkerten. Ein wenig von der Verwirrung, die diese Buchbörse immer verursacht, ist noch da. Jedenfalls bei mir und die Erinnerung ist noch frisch: Frühmorgens hin, damit mir die Verlagsvertreter von den Büchern des …

Verboten!

Das Anbringen von Sattelitenschüsseln an Hauswänden und Balkongeländern ist verboten. Hat unser Vermieter ans schwarze Brett geheftet. Leider hat er sich verschrieben: Es muss natürlich heißen “Satte Elitenschüsseln”. Jep. Finde auch, dass satte Eliten nicht ungeregelt bleiben dürfen.

Kein Zeichen: kein Advent, weil Einer fehlt

Nichts. Der Blick in die Hütte zeigt auch heute morgen keine Veränderung. Nur das Stück entrindeter Baumstamm, das da schon lange rumliegt und auf dem man zur Not sitzen kann. Wo bleibst du? Mann! Wenn du nicht doch noch kommst, fällt Waldadvent aus. Ausgerechnet. Gerade dieses Jahr, wo wir beschlossen haben: jetzt wird’s fotodokumentiert, von Anfang an, bis endlich Blogweihnachten ist. Was das heißen soll? Okay, kleiner Zeitschritt zurück. Für alle, die den Adventszauber des Frankfurter Stadtwalds nicht kennen – hier die Geschichte: Schon vor dem ersten Advent (keine Ahnung seit wann genau) bewegen sich rund um den kleinen Unterstand am Kesselbruchweiher die zersägten Stammstücke umgestürzter Bäume. Rücken irgendwie zusammen. Wie beim Kinderspiel „Ochs am Berg“, oder wie ein ausgeschüttetes Puzzle, bei dem jemand die Teile durchwühlt und schon mal paar Stücke rauslegt. Am ersten Advent dann die Hirten. Stammholz als Körper, kleinere Holzstücke als Köpfe draufgepackt und den (Hirten-)Stock drangelehnt. Bis zum vierten Advent bevölkert sich die Hütte weiter mit Hirten und Tieren, Josef und Maria, und mit Heiligen. Alles liebevoll aus Holzfunden, Farnwedeln …

Meine Arbeit, mein (Frei-)Zeichen – Code of Fairness

We did it again: wieder auf der Straße. Diesmal für mehr Fairness zwischen Redaktionen und Freien Journalisten. Für die Himmel-und-Hölle-Kampagne der Freischreiber. Diesmal zu sechst plus Baby, als Delegation des Berufsverbands Freischreiber bzw. als „befreundeter Freier Fotograf“, der das Ganze fotografiert hat. Wir wollten ja nicht jammern, sondern augenzwinkernd darauf hinweisen, was wir uns unter fairen Arbeitsbedingungen so vorstellen. Darunter ist einiges so banal, dass fest Angestellte kaum glauben können, dass es uns fehlt. Deshalb haben wir Glückskekse verteilt, in denen unser Freienglück in Form weiser Sprüche eingebacken war. Die Glückskeks-Aktion lief vom 12. September bis heute, 16. in Hamburg, Bremen, Berlin, München – und hier, in Frankfurt: Wo gehen wir denn hin? Haben wir Rhein-Main-Freischreiber im Vorfeld überlegt: Frankfurter Rundschau? Die Festen dort hätten gerade sicher auch gern eine Aktion für mehr Fairness im Haus. DPA? Deutscher Fachverlag? Journal Frankfurt, Frankfurter Neue Presse? Wir einigten uns auf FAZ und Hessischer Rundfunk. 15. September, 9:15h Glückskekse! von Freischreiber! „Oh, ja gerne. Von wem?“, fragten vor der FAZ Redakteure, die einen Kindersitz im Auto, ein teures …