Jahr: 2011

Strickrebellen und Strickwissenschaftlerinnen

Farbe wo nie Farbe war: bunte Einerkörbchen-BHs, Mützchen und Badeanzüge lassen die schönen sieben Nackten im Rothschildpark leuchten. Gut 55 Jahre waren sie erhaben, traurigschön und dunkel. Seit diesem Sommer tragen sie Strick und sehn aus wie neugeborn. Wahrscheinlich das Werk der Frankfurter Strickguerilla. An der Sitzbank gegenüber allerdings ging ihr wohl Esprit oder Wolle aus. Denn die nach lieblosem Schnellstrick aussehenden Teile sind da nur irgendwie drumgemurkelt. Da geht noch was. Kurz zuvor hatte ich überhaupt erst vom Streetart-Ableger Strick-Graffiti gehört und gedacht, Oh-Kay. Nett. Hier bei uns gibts das aber nicht. Von wegen. Überall sprießt und mäandert plötzlich Maschenwerk. Sowohl von Schnellstrick- Garnbombern, als auch von hingabevolleren Aktivistinnen, die Schilderstangen umstricken oder Nicht-auf-dem-Gehweg-Parken-Bügel. Letzterer steht bei uns um die Ecke, und ich sah beim Einstricken zu. Unglaublich beruhigender Anblick, wie Oma beim Apfelschälen, und das mitten an einer Pendlereinfallstraße. Dass beide Geduldsfrauen zum Stoffladen dahinter gehörten, lag nahe. „Aber wir sind nicht von der Strickguerilla!“ Und dann noch mal genauer hingeschaut – Das sind ja Stoffbänder! „Wir haben immer so viele Reste, das …

Ocean City

Hier der PreviewLink zu unserem ersten Lyrikvideo:   Mit den Bildern aus diesem Video sind wir vertreten beim 11. Internationalen Festival für Reise- und Reportagefotografie, dem Schömberger Fotoherbst 2011. Ausstellung vom 7. bis 23. Oktober 2011.

Strick Graffiti in Frankfurt

Manche nennen sich Strickguerilla und ihre Aktionen Yarnbombing. Aber es gibt auch Strickerinnen, die einfach ihre Stadt ein bisschen bunter haben, oder ihren Lieblingsplatz mit persönlicher Note versehen wollen. Strick Graffiti ist ein Trend aus Kanada. Hier eine Frankfurter Variante, nicht gerade guerillesk, aber elegant.

Tiere als Lieferanten?

Risikokommunikation ist die Aufgabe des Berliner Bundesinstituts für Risikobewertung. Daran jetzt keine Grundkritik, aber doch an dieser Überschrift: Wie sicher sind Materialien und Gegenstände, die mit Lebensmitteln, Futtermitteln und Lebensmittel liefernden Tieren in Kontakt kommen? Gutes Beispiel für die Entfremdung des Menschen von dem, was er isst. Die Überschrift will vorsichtig sein – nur keine Panik – und vermeidet das Wort Fleisch. Das Ergebnis: glattgeschmirgelte Worte ohne Sinn: Pressemitteilung 24/2011 vom 22.07.2011

Geld oder Leben

Ihre Seele schreit mich an. Nennen wir sie Nigeria. Wessen Tochter war sie? Wer ist ihre Tochter? Warum hat niemand? Sie fest gehalten? Die Polizistin erlitt einen Schock. Der Polizist ist stabil. Den hat sie mit einem Messer attackiert. Ihre Seele schreit. Jobcenter. Donnerstag. Warten. Drankommen. Nummer ziehen, Nummer zeigen. Nicht nur für Flüchtlinge normal. Antrag stellen. Das Geld wurde bewilligt, aber nicht ausgezahlt. Sie brauchte Geld, doch der freundliche Mann vom Jobcenter konnte ihr keins geben. Jedes Sozialamt hat eine Stelle, an der Geld ausgezahlt werden kann. Da aber schickt er sie nicht hin. Er werde überweisen. Sie werde nicht gehen. Geld! Gehen Sie. Geld! Sicherheitsdienst! Fuck! Polizei! Die Polizistin und der Polizist. Nummer zeigen. Verstehstu? Passport! Hier. hastu. Messer im Bauch! Schuss — Eine Stunde später starb Nigeria. Die Polizistin, die sie erschossen hat – erlitt einen Schock. Der Polizist, der vom Messer getroffenw wurde, ist stabil. Es soll um zehn Euro gegangen sein. Zu klären, was schief gelaufen ist, wird Nigeria obduziert. Ihre Seele schreit – was denkt ihre Vierzehnjährige, die hier …