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Wild! Ein Steinkauzbuch

Vom Titelbild des überraschend bei mir eingetrudelten Buchs traf mich ein gelbgrüner Eulenblick und ließ mich nicht mehr los. Wow, dachte ich, wild gemacht. Schon hatte ich „Der Steinkauz“ irgendwo aufgeschlagen, paar Zeilen gelesen, und hing fest.
Superidee, das Portrait dieses kleinen Kauzes in Form von Geschichten zu beginnen, die mitreißend sind wie ein Krimi. Im Kapitel „Gefahr aus der Luft“ entkommt der werdende Steinkauz-Papa knapp dem Angriff des Sperbers – und die Autorinnen spannen ihre Leser auf die Folter, ob er es schafft ihn auszusitzen, oder am Ende doch noch geschnappt wird…

Puh, es ging an diesem Punkt nochmal gut, aber – He! – auf Kosten einer Meise. Pfff. An anderer Stelle trifft es einen Marder. Klar und unverblümt wird hier vom Fressen und Gefressenwerden berichtet. Dabei ist es großartig nachgespürt und in Nervenkitzel vom Feinsten verwandelt. Auch dass nicht alle Küken es schaffen, wird beschrieben oder wie Papa sich abrackern muss, seine Rasselbande samt Gattin in der Nisthöhle satt zu kriegen. Kujii! Schreien die Kleinen immer, Kujii! „Gib her!“ Man möchte ihm glatt ein bisschen helfen.

Einmal quer durchs Steinkauzjahr – dann geht der Staffelstab von den Erzähl- zu den Sachgeschichten. Steckbriefe informieren über verschiedene heimische Eulen, dazu Infokästen mit Wissenswertem über sie im Allgemeinen sowie über Steinkäuze im Besonderen. Visuell und sprachlich sehr gelungen sind die Seiten über die Ausdrucksmöglichkeiten der kleinen Eule. Bilder zeugen von der Körpersprache, die kreativen Beschreibungen berichten von „40 unterschiedlichen“ Lautäußerungen. Kleine Kostprobe: „Ein fremder Steinkauz im Revier? ‚Weg da!‘ Ein lauter Alarmlaut wird ausgestoßen, gefolgt von einem Keckern, Quietschen, Schirken, Fauchen und Abwehrkreischen…“

Als Fährtenleserin habe ich eine sachliche Anmerkung an die Büchermacher: Durchs Buch ziehen sich als Illustration die Fußabdrücke des Kauzes wie ein roter Faden – nur leider falsch gezeichnet. Es steht dort ganz richtig, dass Eulen eine Wendezehe haben, die sie nach Bedarf nach vorne und hinten drehen können. Aber anders als beschrieben dienen Wendezehen nicht zum Laufen, sondern der Flexibilität beim Jagen. Daher hinterlassen sie andere Trittspuren als Amseln etwa oder Tauben. Wenn Eulen rennen oder laufen weisen zwei Zehen nach vorne und zwei nach hinten – und bilden so eine Art K. Man findet ihre Spuren allerdings echt selten.
Als passionierte Leserin von (Natur-)Büchern noch eine Anmerkung an den BUND. Dass er unterstützend mit im Boot ist fein. Man merkt es dann jedoch deutlich an umweltpädagogischen Einsprengseln, von denen es für meinen Geschmack etwas weniger hätten sein dürfen. (Last not least: Schade dass das Buch mit Werbung für Tools für Naturforscher abschließt, stat mit dem Schlusswort der Autorinnen.)

Abgesehen davon finde ich das Buch sehr empfehlenswert. Kinderbücher wenden sich an das kritischste Publikum überhaupt, müssen also richtig was reißen, wenn sie die, noch bis zum Platzen auf Aufnahme geeichten Hirne erreichen wollen. Im besten Fall verführen sie den Nachwuchs zum Abtauchen, und machen ihn zu anspruchsvollen Leseratten. „Der Steinkauz“ von Anett Stütze und Britta Vorbach hat alles Zeug dafür. Es ist liebevoll illustriert, birgt cool geschriebenen Wissens-Stoff – und nimmt Kinder so ernst, dass es ihnen die Draußenwelt zeigt, wie sie ist: Schön und krass, anstrengend und gefährlich, herausfordernd und faszinierend. Kujiii!!!

Annett Stütze & Britta Vorbach: Der Steinkauz
moses Verlag, Kempen 2020

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