Alle Artikel mit dem Schlagwort: Hartz IV

Tödliche Störungen

  Sich einlassen. Leben. Nicht neben-, sondern mit-einander. (Dass das die Atmosphäre entscheidend positiv verändern und prägen würde, darin hab ich ja schon hier dem Autor Jesper Juul recht gegeben). Warum tun sich die Leute so schwer damit? Wer drauf achtet, wird staunen (auch beim eigenen Dampfablasssen). Verrückt, wie unterirdisch primitiv Menschen sich im Alltag benehmen, sofern sie sich nur sicher und distanziert genug glauben. Nach dem Motto “Mir doch egal!” Soll mir bloß nicht quer kommen, der Fuzzi, Dummlack, die Tusse. Mir reicht’s ja so schon. Zuhören, wenn andere reden? Mir scheint, viel zu viele sind so bedürftig nach Aufmerksamkeit, dass sie nur darauf aus sind, selbst zu Wort, zu ihrem Recht, in den Mittelpunkt zu kommen – anstatt zu sich selbst. Kurz: Ich zuerst. Wird man erwischt, redet man sich gern raus: Ich wars nicht. Oder: Nicht so gemeint (die schlimmste Ausrede von allen). Kleiner Ausrutscher, Sorry, Ging mir grad nicht so gut – und so fort. Leute, die regelmäßig mit vielen Menschen zu tun haben – Sachbearbeiterinnen, Verkäufer, Tierarztassistentinnen, Schaffner – registrieren …

Gedicht der Woche: unplugged

unplugged stäubts unter stellwänden geschredderten glücks brockts bunt, flockt, hartzt zu die ausgekommenen, ausgesiebten leeren blicks die dahocken, farblos gezaust, aschpink und plastik süchtig nach billigglimmer, overdrive gierend ohne grund immer nur: mehr,mehr dabei fehlt’s passwort mehr gibt’s nur für die drin geherzt vom druck: come on the pressure line nicht auffallen, auffragen nur einkommen zeitlos verbraust, züchtig bis ins workout und zikadesk: mehr,mehr und? schreischauwem gekappt alles bilder, süchte, blüten colours run dry die zukunft ein reisbrei politisch korrekt passwort? 1,2,3 und ab: schreischau selbst

Geld oder Leben

Ihre Seele schreit mich an. Nennen wir sie Nigeria. Wessen Tochter war sie? Wer ist ihre Tochter? Warum hat niemand? Sie fest gehalten? Die Polizistin erlitt einen Schock. Der Polizist ist stabil. Den hat sie mit einem Messer attackiert. Ihre Seele schreit. Jobcenter. Donnerstag. Warten. Drankommen. Nummer ziehen, Nummer zeigen. Nicht nur für Flüchtlinge normal. Antrag stellen. Das Geld wurde bewilligt, aber nicht ausgezahlt. Sie brauchte Geld, doch der freundliche Mann vom Jobcenter konnte ihr keins geben. Jedes Sozialamt hat eine Stelle, an der Geld ausgezahlt werden kann. Da aber schickt er sie nicht hin. Er werde überweisen. Sie werde nicht gehen. Geld! Gehen Sie. Geld! Sicherheitsdienst! Fuck! Polizei! Die Polizistin und der Polizist. Nummer zeigen. Verstehstu? Passport! Hier. hastu. Messer im Bauch! Schuss — Eine Stunde später starb Nigeria. Die Polizistin, die sie erschossen hat – erlitt einen Schock. Der Polizist, der vom Messer getroffenw wurde, ist stabil. Es soll um zehn Euro gegangen sein. Zu klären, was schief gelaufen ist, wird Nigeria obduziert. Ihre Seele schreit – was denkt ihre Vierzehnjährige, die hier …