Alle Artikel in: Lyrik

Fotolyrics: Galaxity

  Galaxity Endlich! Meine Silbermöwen Niederhimmel voraus, truppweis, augüber immer hoch über der struppigen Mähne segelnd Hier! Landpferds, Sandpferds Grenzband borderline Abseits home mit neuen Silberschuh‘n, am Abgrund einer rechts, einer links, einer gefallen Ach! Zwei gerettet im Zelthaus und da: leben! Im Schaukasten Wie sich‘s gehört   Vorn das Meer und 30 drinnen Setzfach chillen Eier legen, weiß und türkis draußen Spatzen befreien das rosa Geranium von Läusen dazwischen die Alben der Vormieter Sag! was du willst ich sammle Leuchttürme Bild um Bild in Tüten lausch auf Knien paarweis, vielleicht sogar verliebt im Wispern der Schmetterlinge.      

Fotolyric: Red&Blue

  Red&Blue Die sieben Himmel der See und die sieben des Lands Blau und Blau und Rot und Gelb. Das Leben streifen mit Strandsohlen, Moosgummiballen, Regenlidern mit Mal so hungrig so riesig, Großmutter wo ist dein Mohn? Wo deine Erinnerungen? Die unbeschwerten Rufe, Küsse, die Lichterketten des Abends Neuheit, Neugier wo? Tour de Force durch all die Jahre alle Windungen Gleichnisse als Marker gegen Schwenksicht Und wir sehen, fühlen unter der weißen Wüste das Bersten, die Katastrophe. Ein Nachglühen wie zerrauschte Träume. Schwelt es noch? Alles fort, Bäume, Büsche… Wie die Vögel flohen! Hier war es! Hier wütete die Blume des Feuers – und für diesmal die Retter eilten nicht in die schäumende See Wie surreal die weißen Wolken! Wie froh! Wir finden die Pfade, wir baden die Sohlen In blauem Ruß Und, wie alle, folgen dem Leuchten, ziehen den achten Himmel Nacht     Die “Blume des Feuers” ist ein Gedankensprung zu Cees Nooteboom

Heute: World Poetry Day!

Ruhende Schnee modelliert Grabgärten, Licht spielt die Zapfeneisorgel und nur ein „Bitte nicht betreten!“ markiert das Feld der Ungenannten im Weiß. Wer jetzt Spuren tritt, hat Tränen im Bauch, Wut, Liebe, Trauer. Hält verfrorene Tulpen, klamme Narzissen und das fingergezeichnete Herz unterm Stein. Was dann kommt? Nur wenige Schritte weiter es dauert ein Krähenschweigen, und du siehst den Engel mit gebrochener Nase. Gestreift von vielen Wintern, vielen Sommern, steckt nun zu seinen Füßen ein „Patenschaft gesucht“. Denn: das Recht auf Ruhe, die Zeit, sie ist um.     PS: Zum World Poetry Day, von dem ich erst letztes Jahr im Oktober erfahren habe, hätte ich gern für jeden von uns ein Gedicht zitiert – je eines von John Berger und Cees Nooteboom, literarische Lebensbegleiter beide.. Vielleicht später, wenn geklärt ist, was das Nutzungsrecht erlaubt.

Das Gedicht: Weiß

Weiß dein Kleid war weiß den ganzen Sommer lang ein Kinderkuss, ein Flirrflug, ein Blinzeln im Luftzug im Sternnebel der Pollenlust. Um ist das Spieljahr, gefaltet das Kleid, Unschuld zerfressen, Glieder bloß. Noch wehen zwischen Blauflügel und Rotschnute Wege aus Himmelerde einbahnig das Unterkleid aus Luftkammern rippt im Lichtflug das Gestern Bruch auf Bruch. Morgen, singt Wader, Morgen, wenn alle Träume geträumt, werde er wissen woher das Gift in seinen Adern. Sich bauschend derweil das Kleid des Todes im Staub der Tage verweht, verschossen: das Tanzkleid des Sommers.

Poetry meets Gier, Maß, Alltag

„Today was national Poetry Day, what is your favourite Poem?“ Nationaler Gedichttag – welches ist euer Lieblingsgedicht? Fragte eine Freundin am 4. Oktober auf fb. Gedichttag? Was? Wann? Natürlich das „national“ übersehen. Sonst hätt ich zur Feier des Tags eines online gestellt… Ja, das hätte ich, obschon mich eigentlich genau diese kleinkarierte Unsitte abstößt, Themen nur dann wichtig zu finden, wenn es einen “Aufhänger” dafür gibt. Wahrscheinlich haben redundante Redakteure oder joblose Journalisten selbst diese Hakentage erfunden. Wirklich gute Geschichten brauchen das nicht, berühren immer. Aber warum lassen sich heute nur noch so wenige von Gedichten berühren? Auf der deutschen Plattform Lyrikline erklären die Macher unter FAQ, weshalb sie keine Manuskripteinreichungen oder Tipps brauchen: “Es gibt viel mehr Leute, die Gedichte schreiben, als Leute, die Gedichte lesen.” Ist vielleicht das der poetische Stolperstein? Der große Filmemacher Akiro Kurosawa vermerkte in seiner Autobiographie, um gute Drehbücher zu schreiben müsse man: Lesen, lesen, lesen! Got it? Zafer Şenocak wiederum nennt Gedichteschreiben Auszeit nehmen. Auszeit vom eventgetakteten Trubel des journalistischen Schreibens. Ein Innehalten, zu Atem, zu frischem Denken …

Das Gedicht: Nur Sein

Wenn der nächste Eissturm kommt, weil die alaskanischen Dämme schmelzen… Wenn der nächste Blutsturm kommt, weil die Angst vor dem Nächsten immer größer wird… Wenn der nächste Hirnsturm braust durch dein Gesicht, bis du im Spiegel dich nicht mehr kennst… sich das Spielfeld krümmt am Ende der Berechenbarkeit – dann bleibt: nur Sein.

Endspurt: Lebensräume – Flugrouten

  Noch einen Monat läuft unsere Ausstellung in Offenbach. Ein paar Bilder und Texte daraus haben wir schon vorgestellt unter Entrée… – hier die Fortsetzung zum Reinschnuppern: Waldsee Nimm die Birkenroute, lies ruhig ihre Schriftrollen, summ das codierte Lied der zarten Betula. Folge dem Uferweg. Hände und Füße im Waldfell Kopf in den Wolken. Tag um Tag. Mit Mal wirst du die Glasschnüre sehn im Frühlicht des Jahrs, drin Hunderte schwarzer Samtperlen, unterm Bernsteinblick der Eltern eingewirkt. Eine jede ein pulsendes Wunder. Ein Leben. Es ist nicht mehr da, das unschuldige Aufwachsen in grünen Kinderzimmern. Und auch die Kinder nicht. Aber dies Sehnen, Verlangen nach flirrendem Blattgold, das Ruhe ins Aug fächelt. Dem Lichterspiel winzigster Zellen, dem Rauschen – Wasser und Photonenströme, dem Gurren der Frösche tief und nicht von dieser Welt. Finde die Feder.   Stehn bleiben Warten. Welche Farbe hat die Zeit? Loslassen. Denn: „es kommt natürlich vor, dass man wirklich sprachlos ist.“ Pina. Sie kämpfte, dass ein Ahnen beginne ein Tanzen im Kopf. Half den Nadelkissen im Hirn zu singen, den Füßen …

Entrée: Lebensräume – Flugrouten

  Noch nicht da gewesen? Hier ein paar Bilder und Texte unserer Ausstellung: Früh Zum See. Frühmorgens, wenn die Stadt noch schmale Augen hat. Die Ufer gesäumt von Suchenden. Die am Wasser sitzen, Gedanken schwimmen lassen, austreiben, auswuchern, passen. Ich wusste doch nicht, dass Städte sich verkleiden, sie drauf angewiesen sind, ihre Plätze tauschen manchmal und sich wild und heimlich ausschütten vor Lachen. Dass es so einfach wäre, Du zu sagen. Doch die Schwäne. Heben sich und tragen mich fort.   Unterm Rad Wie es formt, das tägliche Schaffen von Zukunft! Den Stein ein wenig weiter schieben dürfen. So ein Glück, ihn herabrumpeln zu sehn. Sich einspieln, hochziehn – immer rasanter hinab, geschickter die Züge hinauf. Kette und Schuss, 40 mal 45 – zähl nach. Die Welt ein Lachen im Kompass, bis die Nadel springt. In einer Sekunde nur alles gewendet, gestoppt, auf Null.   Nachtflug Ein Leuchten im Lidschlag des Monds eine Lichtspange rafft All und Rinne des Zufall. Ein Aufglühn: Verheißung, Gral, Sirius’ Sehnen. Gebannt von undeutbaren Zeichen, gebrannt vom Atem der Hoffnung. …

Das Gedicht: Spring

  Leer räumen den Kokon, den Hort der Häutungen. Beziehen das Unbezog’ne, Neue den mehrfach, den leeren Raum entziehen dem andern, dem Noch-nicht entringen das Hier-ich! Alles kann sein vor der Niederkunft. Ein Finden, Schwingen und Austreiben. Aufziehn den Elternkreis. Aber das Band, die alte Feder der Unruh, Zug und Gegenzug Wellentalschmerz und Bergung bleibt als Furche des Zwischenstands. Wölbt die Lippen des Gucklochs die Weiße der Wände sprengt den Staub des Nichts und Wiedernichts. Bleibt zwiefach geheftet: Hasta la Vista! Vaterhands Muttermunds Baby. Spring, die Augen in die Ferne. Gib, der Zukunft Raum, dem Neuen Tür – wie immer es sei. Es gilt. Die Ansprünge erkennen und ertragen, die Spannung neu verdrahten: Ab jetzt. Den Vertrag mit dem Morgen schon gezeichnet, Deal. Die Kindheit wiegt, sie bleibt zurück.

Das Gedicht: Winter

  Winter Die Dachrinne kahl, bis auf ein Nest. Drin zittern weiße Federn, noch vom letzten Jahr. Wenn der Frühling kommt, wird dies das windige Zuhause von ein paar Küken sein. Kannst du sie hören? Wand an Wand, das schützende Dach über euch über dir Nach Jahren auf der Flucht, des Gehens im Sand vom Kind zum Mann. Des Singens, Aufbrechens, Suchens. Beschimpft, bepisst werdens, Umgeleitet, ausgenutzt werdens, des… Zuhören! Verdammt, ihr sollt endlich zuhören! Recht für, nicht gegen, Fluchtwege für Menschen freihalten, nicht nur als Notausgänge für Banken. Wem die Sohlen zu lange brennen, dem brennen auch Hände und Zungen Notausgänge fürs Erlebte Freiräume des Denkens manche kämpfen, manche beginnen zu singen So wie Yaxie Yax, nur älter, war Hilde Domin, der in der Fremde Wasser geschöpft wurde, die bleiben durfte, die auch fern ihrer Mutter ihren Fuß in die Luft setzte, es schmerzte, aber sie trug. Ihr Nest im Dachrinnenzweig Deins über den himmelblauen Geländern, über den roten Teppichfalten.. Rot, auch wenn Grün deine Lieblingsfarbe ist. Werden wir tragen?   Yaxie ist Yahye …