Alle Artikel in: Ausstellungen

Helden der Straße – Frankfurt Street Art

  Freu mich jedes Mal über das Schloss mit der Feder, wenn ich es sehe, oder die Katze am Bahndamm, das Geisterhaus in Bornheim oder die Loopin Mädchen am Main und in der Stadt. Auch „Denk“ lese ich immer wieder gerne. Schon lange. Ausnahme Gewächshäuser in Oberrad. Nicht weil es nicht auch da reichlich cool aussähe, sondern weil ich denke, das ist nun wirklich blöd für die Gärtner und deren Pflanzen. Wo, wie, durch wen auch immer – in jedem Fall haben wir hier in Frankfurt eine abwechslungsreiche Ausstellung in progress. Vom reinem Provogekritzel über agressives Machogemarke mit Dosenpisse über atemberaubend poetische Murals bis hin zu verspielt-nachdenklichen Kopf- und Fußnoten. Mir gefällt die Raumnahme, das „Hey! Unsere Stadt!“ Was wären wir ohne sie?   Außerdem ist‘s kommunikativ. Sprechende Wände zum einen, weil mir ja jemand was mitteilt, – aufwändig als Szenen gesprüht, zu Schablonenkunst (Stencils) stilisiert oder noch aufwändiger als Aufkleber – Paste-ups produziert. Kaum ist es da, ruft es sogar im hintersten Hof noch Reaktion hervor und sei es, dass eine Papierecke heruntergezogen und …

Posh Blitz! Ausstellung GDT 2014

  Gleich das erste Bild, auf das ich zusteuere, bleibt mein Favorit: Halsbandsittiche über einem Londoner Friedhof. „Posh pidgeons – schicke Tauben“ lautet der Titel. Posh, weil sie für die Londoner Normalo-Vogelwelt überirdisch grün sind; Pigdeons, weil sie in dieser Gegend Englands mittlerweile so zahlreich sind wie Tauben, erklärt Fotograf Sam Hobson. Er hat ihnen nachrecherchiert, die abendlichen Flugroute zu ihren Schlafplätzen entdeckt. Gewartet – und märchenhaft geblitzt! In diesem GDT-Ausstellungs-Jahr wurden viele märchenhafte Unschärfe-Bilder ausgezeichnet. Manchmal nur Schemen, die den Bewegungsmoment ans Herz funken. Wie jedes Jahr finde ich den Ausstellungsort genial. Die Bahnhofspassanten betreten geradezu magisch angezogen das Schaukästen-Karree. Natürlich zücken sie die Handys: ich war hier! Etwa beim Bärenbild, wo ein Eisbär durch eine Öffnung in der Schiffswand schaut. Eine fotografiert, die Zeitung untern Arm geklemmt und nimmt die Gepardin mit, die eine Gazelle jagt. Über uns riesige i-Phone-Foto-Werbebanner. Solche Bilder sind hier unten in der GDT-Welt kein Thema. Hängengeblieben sind mir: die Eule im Dunkel; der kleine (Schmetterlings)Fuchs in der Kirche: das Schneckenauge, umgeben von traumhaft schönen Lichtreflexen; dass laichende Korallenriff …

5785 Hektar for 13. Schömberger Fotoherbst!

Mit unserer Serie “5785 Hektar – Stadtwald Frankfurt” sind wir beim 13. Schömberger Fotoherbst, dem Internationalen Festival für serielle Reise- und Reportagefotografie. Schwarzwald wir kommen! (9. Oktober bis 8. November 2015)   Barfuß auf der Borke, bäuchlings im Farn oder mit dem Tele wartend im Gebüsch: wir haben ein besonders enges Verhältnis zum Frankfurter Stadtwald. Seit 25 Jahren erkunden wir fast täglich das Grün vor unserer Haustür zu Fuß oder mit dem Rad. Erleben ihn immer wieder anders, entdecken Unbekanntes – oder genießen das Ritual der Wiederholung auf bekannten Wegen. Für manchen Städter dagegen ist schon ein Reh ein exotisches Wesen, ihm ist der Naherholungsforst ferner als der malaiische Regenwald, in dem er vorgestern noch über eine Hängebrücke lief… Diese fortschreitende Entfremdung bewegte uns dazu, unser Langzeitprojekt zur Serie „5785 Hektar – Stadtwald“ zu bündeln. Der stadtnahe Wald fasziniert uns, weil er so viele Facetten birgt. Trotz der starken Nutzung und der Geringschätzung, die manche nur für ihn übrig haben, erfüllt er tagtäglich zahlreiche Funktionen: ist Luftfilter, Wasserreservoir, Lärmschutz, Erholungsgebiet – Kultur- und Lebensraum zugleich. …

Wiesbadener Fototage 2015: HeimatX

Bleib! Schau. Mich an. Wenn Bilder so zu mir sprechen, selbst wenn sie „Wurschtbud“ sagen, haben sie mich am Haken. Drei Serien gibt es bei den diesjährigen Wiesbadener Fototagen, bei denen ich blieb und schaute: „Wester World“ von Eckart Bartnik (darunter das Foto mit der Wurschtbud), „Breeda en Sestre – Brüder und Schwestern“ von Mika Sperling und „Empty Spaces“ von Katerina Belkina – außerdem mochte ich die Montagen von Brice Bourdet. Vielleicht, weil ich derzeit selbst gern mit Überblendungen arbeite. Gibt ja Leute, die das Gebastel nennen. Ficht. Mich nicht an. Doch, bevor ich erzähle, was wir in den vier von fünf Ausstellungshäusern gesehen haben, noch mal eben auf Los. Ich zitiere aus der Ausschreibung des Wettbewerbs, denn er passt gerade zu gut. Es gab zwei Leitplanken, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – hier der „Europäische Ansatz“. So wie gerade die europäische Idee an ihrem Geburtsort vergewaltigt wird, lohnt es sich unbedingt diesen Part nochmal zu lesen: „Die Europäische Union wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern lediglich als Wirtschafts- und Verwaltungsraum wahrgenommen. Je mehr dieser …

endlich / unendlich – Brita Kunstpreis 2015

  Ein Kulturschock. Die Bilder dieser Ausstellung heischen, kreischen, knallen nicht. Aber sie sind packend präsent. Dicht und tiefenscharf. Beredte Bilderstatements, wie ich sie im normalen Wust der Anschläge oder den Medienangeboten fast nie wahrnehme. Ausgezeichnet mit dem Brita Kunstpreis 2015, Leitthema Nachhaltigkeit. Feuer Die Islandserie zeht uns rein. Ein Bild trägt den coolen Titel „Elfen und Kapitalismus“. Fotografiert hat Martin Sigmund “nach der Wirtschaftskrise” monumentale Natur, gespickt mit Menschlein. Schön, und doch: die Exotik Islands, so scheint mir, reicht bereits für ein Skandic-Feeling. So wie die Weite der nordamerikanischen Gegend für ein Roadmovie (ausfotografiert und ausgekrimit). Wasser Ganz anders die Seestücke von Wulf Winckelmann: Meer. Himmel, Wellen, nichts weiter. Und unterschiedlich groß. In der Hängung sind sie verbunden durch die Linie des Horizonts. Himmel also, Meer, Niemand. Der Blick in den Beipackzettel verrät: erst fotografiert, dann abgemalt, dann das Abgemalte wieder fotografiert. Zum Beispiel den “Pazifik vor Fukushima“. Surreal. Sieht man das wirklich? Oder ist‘s wie bei optischen Täuschungen – wenn du es einmal weißt, wirst du die Kipp-Bilder nie mehr los, wird dein …

Großartig: Die besten Naturfotografien Europas

  Richtige Bilder. Frei von Kitsch oder Ichzeigdirwasknipserei, geladen mit jener wunderbaren Intensität, die Blicke anzieht. Wieder und wieder hält jemand inne und betritt das graue Karree der Stellwände. Sie zeigen die Siegerfotos der „Europäischen Naturfotografen des Jahres“ – dem jährlichen Wettbewerb der GDT. Die Menschen stolpern geradezu über diese Bilder, denn sie fallen erst beim zweiten, dritten Hinschauen auf. Eben noch schaute das Pärchen mit den Rollkoffern auf die Anzeigentafel: wann fährt mein Zug? Pünktlich? Plötzlich stehen die Rädchen still, die beiden staunen, lassen den typischen Lassmich-in-Ruh-Ausdruck, den Bahnhofsblick fahren, und sind ganz offenbar berührt. Hier!? Mitten im Trubel passiert, was durch sinkendes I-Stock-Bildniveau immer seltener gelingt: intensive Kommunikation zwischen Bild und Betrachter. Die Jury markiert diese Eigenschaft in dem einfach aber ansprechend gemachten Katalog als absolutes Auswahlkriterium für Siegerfotos. Zwischen Fastfoodangeboten, Werbegeflatter und allgemeinem Menschengewusel wirkt die Ausstellung wie ein ruhender Pol. Eine eigene Welt, die hier in Frankfurt sehr dicht in das kleine Aktionskarree gepasst wurde (an Ostern hockte da noch ein überdimensionaler, aufgeblasener Hase). Die Fotos überraschen mit besonderen Perspektiven, sind …

Biofach 3.0: Unterm Pflaster liegt die Farm!

  Guerilla-farming? Der Mann auf dem Podium erklärt, wie er das meint: „Reißt die Pflastersteine raus, füllt die Lücke mit unserem Kompost, pflanzt was – und lasst euch dabei filmen! Am besten genau dann, wenn die Polizei euch verjagt.“ Video auf youtube einstellen und eine Reise nach Ägypten gewinnen, er überlegt kurz, „Ägypten… ähm, naja, vielleicht besser nach Syrien….“ Volkert Engelsmann, Chef des niederländischen Bio-Obst- und -Gemüsegroßhändlers eosta garantiert immer einen Vortrag, bei dem man gleichzeitig lachen und nachdenken muss. Diesmal spricht er für die neue Kampagne Rettet unsere Böden (Save our Soils). Denn: es ist vielleicht schwer vorstellbar, aber es gibt immer weniger Erde auf der Erde. Also, so schwarzes, fruchtbares Zeugs, Mutterboden eben, in dem Pflanzen gedeihen. Deshalb also jetzt nach save our seeds (SOS 1) save our soils – SOS 2. „Become soildiers!“ ruft er und schwenkt das lila Guerilla-Kit, die Tomatenpackung, die ein Kompostbeutelchen sowie Basilikumsamen enthält. Soll es bald in den Läden geben. Vor ihm hat der Wissenschaftler Ulrich Köpke (Uni Bonn) mal eben in 10 Minuten erklärt, wie es …

Häng ma den Porn raus – Buchmesse FFM

  “Mind Fuck, Sex Diaries, Affe im Kopf… an manchen Buchregalen der Messe hämmerten die Titel geradezu ans Hirnkastel. Ich sah die Berater vor mir: „Titel, muss knallen, Leute!“ Sicher gab es neurodidaktische Empfehlungen, etwa wie man am erfolgreichsten Zahlen verwendet 3, 5, 7, 10 und 12 nämlich sind gute Zahlen, die kann man sich merken, die lieben die Leute. So ähnlich hab ich es selbst bei einem Relaunch-Workshop gelernt – und lese seitdem überall (auf seiner Beratungsspur) Sachen wie „die drei besten Wege aufs Eis“ oder „7 Tipps für ein Wohlfühlwochenende“, „5 Rezepte mit Erdbeeren und Spargel“ (merke auch: Rot ist Lesers Lieblingsfarbe) , oder „10 Dinge, die ich in der Sauna erlebt habe“. Der in echt erschienene Blogtext „26 Tipps gegen Schreibblockaden“ folgt dagegen definitiv keiner Zahlenberatung. Aber die SchreiberInnen, bei denen Beraterin Kerstin Hoffmann gesammelt hat, geben gute Einblicke. Nur Silvia Bovenschen hat sie nicht gefragt, deren Schreibtipp habe ich in der FAZ-Buchmessenzeitung gefunden. Hier – für alle Prokrastinierer, die Druck hassen – der Philosophin „Lieblingsbeschäftigung“: „Träge in der Sonne liegend zu …

Endspurt: Lebensräume – Flugrouten

  Noch einen Monat läuft unsere Ausstellung in Offenbach. Ein paar Bilder und Texte daraus haben wir schon vorgestellt unter Entrée… – hier die Fortsetzung zum Reinschnuppern: Waldsee Nimm die Birkenroute, lies ruhig ihre Schriftrollen, summ das codierte Lied der zarten Betula. Folge dem Uferweg. Hände und Füße im Waldfell Kopf in den Wolken. Tag um Tag. Mit Mal wirst du die Glasschnüre sehn im Frühlicht des Jahrs, drin Hunderte schwarzer Samtperlen, unterm Bernsteinblick der Eltern eingewirkt. Eine jede ein pulsendes Wunder. Ein Leben. Es ist nicht mehr da, das unschuldige Aufwachsen in grünen Kinderzimmern. Und auch die Kinder nicht. Aber dies Sehnen, Verlangen nach flirrendem Blattgold, das Ruhe ins Aug fächelt. Dem Lichterspiel winzigster Zellen, dem Rauschen – Wasser und Photonenströme, dem Gurren der Frösche tief und nicht von dieser Welt. Finde die Feder.   Stehn bleiben Warten. Welche Farbe hat die Zeit? Loslassen. Denn: „es kommt natürlich vor, dass man wirklich sprachlos ist.“ Pina. Sie kämpfte, dass ein Ahnen beginne ein Tanzen im Kopf. Half den Nadelkissen im Hirn zu singen, den Füßen …