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Strickrausch bei Occupy: “Get up stand up!…”

20.11.2011

Tadaa! Strickrausch ist da! Sechs Frauen an der Nadel. Handwerkerinnen, die multiple Verstrickungen, hintersinnige Parolen und Tags in der Mainstadt lieben ohne sich vor Fallstricken zu fürchten. Zwei links, zwei über, zwei zusammen und uffgestrickt! Strickgraffiti-Ideen im Sixpack. Kurz, Strickrausch.

Strick-Einsatz 1: Stein-Kissenbezüge als Soli-Aktion für Occupy Frankfurt.
Strick-Location: Mäuerchen mit Sofakissensteinen, das die EZB-Camp-Anlage mit Blick aufs Schauspiel begrenzt. Lieblingsplatz von Skatern, Bike-Hockeyspielern und Occupybesuchern.
Strick-Tribute: an unsere Geburtshelfer aus München, Kommando Agnes Richter, Klaus Dietl und Steffi Müller
Strick-Parole: „Get up stand up!“

Aufsteh’n also für Gerechtigkeit. Heißt für uns erst mal: Hinsetzen und Sticheln für’n Hingucker und dann: Rausgehen. Einmischen, Zeichen setzen fürs bunte Leben in dieser Stadt. Gerüscht, gerafft? Getaggt.

„Wollte immer schon mal wissen, wer so was macht“, haut uns einer von Occupy an. Einer von den eher alten Wilden. Findet uns super (Danke) und klärt auf, dass wir gerade Verbotenes tun. Verschandelung durch Graffiti-Tags? Nö, Nichtachtung des Totensonntags. Totensonntag nämlich heißt: Versammlungsrecht nur auf dem Friedhof. Überall woanders sind Ansammlungen von mehr als drei Leuten verboten. So was wie Occupy, Fußball oder Stickrausch. Die Frankfurter Eintracht zahlt Strafe (immerhin haben sie gewonnen), Occupy FFM wird geduldet – und wir mit. Dennoch, oder aus Prinzip halten Polizisten in Einsatzwagen Wacht. Erst ein Bus, dann zwei. Und später, auf dem Heimweg, zählen wir noch mal vier um die Ecke. Mann, Mann, Mann, Bouffier. Was das wieder kostet.

„Vielleicht auf Bald zu einer gemeinsamen Aktion?!“ verabschiedet sich der Occupy-Organisationsmann und verschwindet Richtung Camp. Vor unserer Nase zischen Skater hin und her und Passanten werden neugierig, was wir da tun. Gute Vorbereitung ist alles, stellt einer fest, als er sieht, was wir Strickas so alles auspacken: Garnknäuel von Trigemabändern (Dankeschön!!), daraus bereits gehäkelte und gestrickte Bezüge prêt á porter, plus allerhand Zubehör. Was man halt so braucht als Craftista.

So nach ner Stunde sind wir echt im Rausch: an welche Stelle kommt den jetzt das „Get“, das „stand“, die „ups“? O Nein! Hier sollte es doch anfangen! Egal, geht der Texte eben von rechts nach links. Hast du noch ein up für mich? Kann ich dir helfen? Ja, ne Bommel bitte. Schere?! Stecknadeln?! Vier sind heftigst am Sticken (public stitching vom Feinsten), zwei halten Schere, Luftmaschen und Tagschildchen bereit. Häkelnadeln klimpern am Boden und runtergefallene Stecknadeln kann lange suchen.

Jemand heißen Tee? Glühwein? Mist! Dafür gibt’s cooles Nightlife-Licht von EZB und Schauspiel und verdammten Strickdusel, dass uns der Novembermond so milde gesonnen ist. Trotzdem sind am Ende Finger und Füße klamm. Als wir Strickrauschas und die Männer hinter den Kameras am Ende der Aktion – nach dem Zusammenpacken aller Garnreste, dem letzten Zurechtzupfen der Kissen – unser Werk betrachten, realisieren wir erst die Graffiti darüber: Gutes Leben für alle! Jawoll! Darauf sechs krisensichere Knoten und jetzt alle: „Get up stand up!“

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